Rezension

schöne Geschichte

Wenn die Nacht in Scherben fällt - Anika Beer

Wenn die Nacht in Scherben fällt
von Anika Beer

Bewertet mit 4.5 Sternen

Die Gestaltung des Covers gefällt mir sehr gut. Durch die dunklen Töne wird man gleich an die Nacht erinnert und auch die Katze bekommt ihre ganz eigene Bedeutung, wenn man das Buch gelesen hat. Das brechende Glas unterstreicht den Buchtitel und macht gleichzeitig neugierig darauf, was im Buch wohl passieren wird und wieso die Nacht in Scherben fallen soll.

Jede Nacht träumen die Menschen von den unterschiedlichsten Dingen, manchmal erinnern sie sich daran, manchmal glauben sie an eine traumlose Nacht, da ihnen die Erinnerungen fehlen. Wie wäre es wohl, wenn man seine Träume selbst gestalten und beeinflussen kann? Eine wunderschöne Insel, weißer Sandstrand, türkisfarbenes Meer und man selbst mitten drin- wenn schon nicht in der Realität, dann wenigstens nachts wenn man schläft. Nele hat diese Eigenschaft, sie kann ihre Träume selbst gestalten und ganz bewusst darin herum wanden. Als sie mit ihren Eltern in eine neue Stadt zieht, verändern sich ihre Träume jedoch, ein ihr unbekanntes Wesen taucht auf, sie entdeckt das Nachtglas und kurze Zeit später verschwindet auch noch einer ihrer neuen Freunde.

Nele ist kein ganz gewöhnliches Mädchen, schon ihr Look ist sehr auffällig. Die bunten Haare und die flippigen, teilweise eigenwillig kombinierten Klamotten sollen gleich mal zeigen, dass sie anders ist und das auch gern zeigt. In gewisser Weise bietet es ihr jedoch auch einen Schutz, indem sie sich hinter ihrem Aussehen versteckt und ihre Schwächen damit überspielt. Nele ist ein interessanter Charakter, etwas verunsichert in der neuen Umgebung und durch die vielen außergewöhnlichen Ereignisse, lässt sie sich teilweise recht schnell manipulieren und beeinflussen. Im Verlauf der Geschichte hätte ich mir bei ihr allerdings gewünscht, dass man etwas deutlicher spürt, dass sie anders ist oder sein will. Wirklich ausgefallen blieb irgendwie nur ihre Optik, die im Buch auch keine weitere Rolle mehr gespielt hat.
Jari, einer von Neles neuen Mitschülern, ist eher der schüchterne Außenseiter, hält sich von allen fern und lebt in seiner eigenen kleinen Welt, die voller Probleme ist. Seine Familiensituation mit dem aggressiven Vater und der alkoholkranken Mutter wirkt sehr authentisch und lässt nachvollziehen, wieso Jari nicht der fröhliche, aufgeschlossene Junge von nebenan ist. Besonders schön war es dann, seine Entwicklung zu sehen. Er konnte sich ein wenig öffnen und auf andere Menschen einlassen, Vertrauen fassen und ein Stück weit hinter seiner Mauer vorkommen.
Zusammen mit den anderen Charakteren, die aus weiteren Mitschülern, den Eltern von Nele und Jari und den Traumwächtern bestehen, entsteht eine bunte Mischung aus individuellen Personen, die gut in die Geschichte passen.

Der Schreibstil von Anika Beer hat mir gut gefallen, er ist flüssig, leicht verständlich und gut nachvollziehbar. Durch die vorhandenen Perspektivwechsel hat man einen sehr ausgewogenen Blick auf die unterschiedlichen Personen und ihre Erlebnisse bekommen, wodurch ein komplexes und geschlossenes Bild der Handlung entstanden ist. Etwas verwirrend fand ich im Verlauf der Geschichte die kursiven Passagen. Zunächst dachte ich, es handelt sich um die direkten Träume oder Abschnitte in der Traumlandschaft, später gab es jedoch auch kursive Passagen, die in der realen Welt spielten. Vielleicht habe ich auch irgendwann nur den Überblick verloren und das System nicht mehr verstanden, dort hätte ich mir auf jeden Fall etwas mehr Klarheit gewünscht.

Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen, die Geschichte enthält verschiedene Elemente, beleuchtet unterschiedliche Charaktere, die miteinander verbunden sind oder einen Verbindung aufbauen und eine Welt, in die wir Menschen sonst keinen Einblick hätte, unabhängig davon, ob es so eine Welt der Träume mit ihren Traumwächtern nun gibt oder nicht.