Sehr gelungener Spätmittelalter-Roman, super geschrieben, sehr spannend
Bewertet mit 5 Sternen
Nürnberg, im Februar 1409: Der Betteljunge Jona gelangt halb verhungert und ohne Geld in die Stadt, in der Betteln ohne Lizenz verboten ist. Bald sind die Stadtwachen hinter ihm her. Ein Mann bietet scheinbar einen Ausweg, Arbeit bei guter Kost und Logis, doch der Haken wird bald klar, es scheint sich um eine satanische Sekte zu handeln, die Übles mit den von ihnen eingesammelten Straßenjungen vorhat. Die Salbenmacherin findet schließlich den Jungen halberschlagen vor ihrer Haustür und pflegt ihn gesund, nichtsahnend, dass sie sich und ihre Familie in große Gefahr gebracht hat. Und die lauert auch von anderer Seite...
Der Roman lässt den Leser von der ersten Seite an in das Nürnberg des Spätmittelalters eintauchen. Ich habe sehr mit dem Jungen und der Salbenmacherin mitgefiebert, da mir beide Figuren schnell ans Herz gewachsen sind.
Die Stadt, das Leben der Leute, die Armut, Kriminalität, die Grausamkeit der Folter und Todesstrafe, Klüngeleien unter den Reichen, medizinisches Wissen, Anwendungen und Herstellung von Arzneien werden sehr gut beschrieben, so dass ich trotz Geschichtsstudiums noch Einiges dazu lernen konnte und mich gleich in der sehr realistischen Kulisse Nürnbergs wohl gefühlt habe (es gibt sogar im Anhang eine Literaturliste, was mich sehr gefreut hat!).
Der Erzählstil ist gut zu lesen, die Sprache nicht zu altbacken oder gewollt mittelalterlich, was bei historischen Romanen schnell ins Lächerliche rutscht. Die Autorin versteht es, den Leser die Szenerien vor dem inneren Auge sehen zu lassen, anstatt sie zu erzählen, was mir sehr gefällt.
Die Geschichte entwickelt sich aus mehreren Erzählsträngen heraus und wird dann in der zweiten Hälfte (spätestens) zum Pageturner, so dass man sich überlegen sollte, ob man die Nacht über schlafen oder lesen möchte. Ich habe mich für lesen entschieden.
Mein Fazit: Sehr gelungener historischer Roman und von mir eine klare Weiterempfehlung!