Rezension

Sie sind jung, illusionslos und wären gern cool

Send Nudes -

Send Nudes
von Saba Sams

Bewertet mit 3.5 Sternen

In zehn Kurzgeschichten zeichnet die 1996 geborene Saba Sams die Lebenswirklichkeit junger britischer Frauen auf. Die teils noch nicht volljährigen Figuren sind mit Pubertät, Patchwork-Familien, Identität in Sozialen Medien, Erster Liebe, nicht einvernehmlichem Sex und ungeplanten Schwangerschaften konfrontiert. Das Zusammenwirken von Alkoholmissbrauch, selbstverletzendem Verhalten und sexueller Gewalt stellt die junge Autorin m. A. drastisch und verstörend dar (Tenderloin, Über Nacht). Thematisiert wird mehrfach ein negatives Körperbild (Snakebite, Titelgeschichte: Send Nudes), das mit dem Wunsch nach Coolsein kollidiert und so Sams‘ Protagonistinnen schicksalsergeben in ausbeuterische, gewalttätige Beziehungen verstrickt. Einige Geschichten geben Leser:innen Einblick in Alternative Lebensformen (Kite Fliegen, Die Mütter und die Töchter), andere empfinde ich als formal gelungen, da sie mit einem unerwarteten Ende aufwarten. Die letzte Geschichte versöhnt mit dem Schicksal sehr junger und sehr illusionsloser Frauen: Wenn Mutter und Tochter im Lockdown nicht an den Strand können, muss der Strand eben zu ihnen in den 21. Stock kommen. Insgesamt geht es um Ausbeutung unterlegener Partner in Freundschaften und sexuellen Beziehungen, um Einsamkeit in schweren Lebenskrisen und um Schmarotzer, Schnorrer, Psychopathen - Menschen, die richtige Miststücke sind.

Fazit
Saba Sams Frauenschicksale sind alles andere als leichte Lektüre. Nicht alle Stories konnten mich überzeugen, weil die Autorin ihrer Handwerkskunst selbst noch nicht zu trauen scheint. So gibt es Unschärfen, die sich zwar mit der fehlenden Reife der Figuren erklären ließen, die strenge Form einer Kurzgeschichte jedoch verschwimmen lassen.