Rezension

Tolle Denkansätze - aber fehlende Emotionalität

Schwarz und Silber - Paolo Giordano

Schwarz und Silber
von Paolo Giordano

Bewertet mit 3 Sternen

Nora und ihr Mann leben mit ihrem kleinen Sohn in Turin. Sie ist Architektin, er ist Physiker. Im Alltag werden sie unterstützt von der wunderbaren Babette – sie ist die Frau für alles, sie betreut das Kind, sie kocht, sie schmeißt den Haushalt. Und sie bildet den ruhenden Pol für das junge Paar. Eigentlich heißt sie Anna, aber sie wird Babette genannt, in Hommage an das Hausmädchen Babette in Tania Blixens berühmter Novelle «Babettes Fest». Babette gehört zur Familie. Doch eines Tages kann sie nicht mehr kommen, sie ist an Krebs erkrankt. Was passiert, wenn plötzlich jemand fehlt, der immer da war? Ohne Babettes schützenden Blick verliert das Ehepaar seinen Halt, jeder zieht sich in sich selbst zurück, Gefühle, deren man sich sicher war, verschwinden.

Meine Meinung: 
Ich durfte das Buch aufgrund einer Leserunde lesen und bedanke mich deshalb dafür. 

Dieses Buch ist sehr dünn und man hat es wirklich in einem Rutsch durchgelesen. Daher ist es ein kurzweiliges, aber definitiv angenehmes Lesevergnügen. Ich glaube das Buch kann man auch gut öfters lesen, da der Autor einen sehr tollen Schreibstil hat, der nicht zu kompliziert ist. Man kann auf diese Weise immer wieder neue, inspirierende Zitate entdecken. 
Gerade die Denkanstöße zu Themen wie Liebe, Ehe und Tod haben mich teilweise sehr zum Nachdenken angeregt und wirklich angesprochen. 

Dennoch kann ich nur 3 Sterne vergeben. Ich mag die Geschichte und finde den Aufbau auch durchaus gelungen. Ich finde es toll, dass hier nicht von Friede, Freude, Eierkuchen geschwärmt wird, sondern auch mal schwierige Seiten einer Beziehung aufgegriffen werden. Dennoch ist mir die Familie in dieser Geschichte etwas suspekt. Der Ich-Erzähler erkennt ganz genau, was die Fehler in der Beziehung sind. Er reflektiert sein Verhalten und auch das seiner Frau, aber beide arbeiten nicht an sich, sondern lassen alles einfach so laufen. Dazu kümmern sie sich entweder gar nicht um ihren Sohn oder behandeln ihn auf ganz komische Art und Weise. Der Umgang mit dem Sohn hat mich teilweise richtig erschrocken und das wurde im Endeffekt auch kaum kritisch betrachtet oder hinterfragt. Dieses ganze nicht vorhandene Familienbewusstsein in dieser Geschichte ist mir total suspekt und gefällt mir daher nicht.
Aus diesem Grund fehlt der Geschichte einfach auch ein Ticken Emotionalität. Diese Familie lebt nur wegen ihrer Haushälterin, aber dennoch wird von ihrer Krankheit eher sehr neutral gesprochen. Niemand wird mal so richtig wütend oder ist am Boden zerstört. Der Sohn ist für mich daher auch ein Element, den der Autor hätte weglassen können. Ich finde, dass dem Jungen der Tod nicht richtig übermittelt wird. Hier hätte man extrem gut mit Emotionen arbeiten können und das wurde aber nicht getan. Für mich ist der Junge deshalb ein Element in der Geschichte, dass man hätte weglassen sollen. Meine Meinung rutscht deswegen ins Negative und wenn der Junge nicht da gewesen wäre, wäre es vielleicht anders gewesen. Mir stößt es einfach echt negativ auf, wie dieses Paar dieses Kind erzieht (bzw. nicht beachtet).

Fazit: 
Insgesamt eine Geschichte, die mit einem tollen Schreibstil fesselt. Es gibt viele inspirierende Zitate und tolle Denkanstöße zu Themen wie Liebe, Ehe und Tod. Das Familienbewusstsein und generell das Familienleben in dieser Geschichte ist mir aber mehr als suspekt und es fehlt dadurch an Emotionalität. Deshalb mittelmäßige 3 Sterne!