Rezension

Tolle Idee, gut umgesetzt

Sternenfeuer 01 : Gefährliche Lügen - Amy Kathleen Ryan

Sternenfeuer - Gefährliche Lügen
von Amy Kathleen Ryan

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt:

Vor 15 Jahren machte sich das Sternenschiff Empyrean auf den Weg zu einem entfernte Planeten, New Earth, um das Überleben der Menschheit zu sichern. Mit an Board Waverly und Kieran die zu den ältesten Kindern an Bord des Schiffes gehören. Die Mission, das Überleben der Menschheit ist für alle das Wichtigste weshalb alle hoffen dass Waverly und Kieran sich bald entschliessen werden zu heiraten. Obwohl Waverly Kieran liebt ist sie sich nicht sicher ob sie bereit ist diesen entscheidenen Schritt so früh zu gehen.
Als wie aus dem Nichts das lange verschollen geglaubte Schwesternschiff New Horizon auftaucht und die Empyrean angreift verändert sich Waverlys Leben und das der anderen Kinder dramatisch. Fast alle Erwachsenen der Empyrean werden getötet und die Mädchen entführt. Während Kieran plötzlich die Verantwortung für die Empyrean trägt, dessen Bewohner sich mehr und mehr gegen ihn stellen, muss sich Waverly auf der New Horizon ganz anderen Problemen stellen denn sie spürt dass einige der Erwachsenen noch leben und dass sie und die Mädchen schnellstmöglich zurück nach Hause müssen.

Meinung:

Zu Beginn des Buches lernt man als Leser die Welt von Waverly und Kieran ein wenig kennen. Zwar erfährt man kaum etwas über die Ereignisse vor Waverlys Geburt, zum Beispiel das Leben der Eltern und wie es genau dazu kam dass nun Menschen mit einem Sternenschiff im Weltall unterwegs sind. Dafür bekommt man allerdings einen guten Eindruck davon wie das Leben auf eben diesem Sternenschiff zu sein scheint. Man lernt ein bisschen was vom Tagesablauf kennen und begnet mehreren Personen die einem vorgestellt werden. Im Mittelpunkt stehen dabei ganz klar Waverly und Kieran die schon seit einiger Zeit ein Paar sind und von den alle erwarten dass sie bald heiraten werden. Bereits hier zeigen sich große Charakterunterschiede zwischen den Protagonisten. Kieran ist sich sicher Waverly schnellstmöglich heiraten zu wollen während Waverly zögert. Kieran scheint eher nach Vorschrift zu handeln und die Erwartungen anderer erfüllen zu wollen. Waverly hingegen hat ihren eigenen Kopf und sie scheut sich nicht ihn zu benutzen. Sie hinterfragt, sie überlegt, sie holt sich Rat und vorallem überlegt sie was sie selber eigentlich will.
Nach den ersten Seiten habe ich befürchtet dass die Beziehung zwischen Waverly und Kieran die zentrale Rolle des Buches einnehmen wird doch nachdem es mit der Ruhe auf der Empyrean vorbei ist ist es das auch für den Leser und es kristalisiert sich schnell heraus dass das zentrale Thema etwas anderes ist. Waverly und Kieran bzw ihre Liebe wird zum Randthema denn obwohl sie den jeweils anderen vermissen und wieder bei sich haben wollen wird wissen sie dass andere Dinge vorrang haben. Beide müssen plötzlich und auf unschöne Weise lernen sich durchzusetzen und zu behaupten. Verantwortung muss übernommen und getragen werden was sich mehr als einmal schwierig erweist.

“Es musste etwas geben, das sie tun konnten – irgendetwas, um zu verhindern, dass all diese schrecklichen Dinge einfach weiterhin geschahen.” (Seite 82)

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Waverly und Kieran erzählt wodurch der Leser einen guten Rundumblick erhält, da man sowohl über die Ereignisse auf der Empyrean als auch auf der New Horizon immer auf dem Laufenden gehalten wird. Der Schreibstil ist dabei flüssig und lässt sich gut lesen. Die Autorin versteht es die Handlung immer wieder mit kleinen spannungsgeladenen Momenen zu füllen so dass man als Leser immer wieder aufhorcht und ein gewisser Spannungsgrad regelmäßig aufgebaut und befriedigt wird.
Die Protagonisten könnten unterschiedlicher gar nicht sein.
Kieran lebt ganz klassisch mit Mutter und Vater zusammen. Die Familie ist gläubig aber nicht fanatisch. Kieran soll später einmal der neue Captain der Empyrean werden. Unter seiner Führung soll das Sternenschiff den Planeten New Earth erreichen. Und es scheint zunächst auch so als bringe Kieran alle dafür erforderlichen Eigenschaften mit. Doch als der Ernstfall eintritt und Kieran tatsächlich das Kommando übernehmen muss zeigt sich schnell dass er völlig überfordert ist. Er hadelt übereilt und vorschnell und so unterlaufen ihm mehrere verheerende Fehler.
Waverly lebt zusammen mit ihrer Mutter da der Vater schon vor vielen Jahren gestorben ist. Im Gegensatz zu Kieran ist Waverly nicht gläugbig und glaubt auch nicht dass sich das jemals ändern wird. Für sie sind die meisten Dinge mit Logik zu erklären weshalb sie immer alles sehr genau wissen will und sich nicht einfach mit nichtssagenden oder unzulänglichen Antworten zufrieden gibt. Auf der New Horizon ist sie von Anfang an skeptisch. Egal wie sehr sie sich wünscht dass es andersund somit einfacher wäre, sie traut ihrem Bauchgefühl, zieht die richtigen Schlüsse  und verliert nie den Blick fürs Wesentliche.
Neben Kieran und Waverly ist Seth ein ebenfalls wichtiger Charakter. Seth wirkt anfangs sehr ruhig und zurückgezogen aber kaum bricht auf der Empyrean das Chaos aus zeigt er sich von einer ganz anderen Seite. Einer Seite von der man nicht so richtig weiß wie man sie einschätzen soll. Zwar scheint er in brenzligen Situationen eher einen kühlen Kopf zu bewahren als Kieran, doch ist ihm dabei auch so gut wie jedes Mittel Recht.

“Aber die weiter entfernten Jungen konnten ihn über das Babygeschrei hinweg nicht hören. Frustriert schrie Kieran: »Kann bitte irgendjemand das Kind zum Schweigen bringen?«
Seth stampfte durch den Raum, griff Bryans dicken Arm und schrie ihm »Halt die Klappe! Halt einfach mal die Klappe!« ins Gesicht.
Das Kleinkind verstummte verwirrt.” (Seite 173 ff)

Insgesamt wirken die Protagonisten glaubhaft und reichlich durchdacht. Auch ihre Entwicklung ist in Anbetracht ihrer jeweiligen Situation logisch und nachvollziehbar. Weniger nachvollziehen konnte ich dafür das Handeln und die Reaktion von so manchem Nebencharakter. Amanda sticht da am stärksten heraus. Beste Freundin und enge Vertraute von Anne Mather und trotzdem bemerkt sie nicht was wirklich auf der New Horizon geschieht. Während andere Personen sehr wohl wissen was Sache ist.
Das Buch punktet mit einer ungewöhnlichen Kulisse die neben den aktuellen Dystopien alles andere als typisch ist. Auch steht, wie bereits erwähnt, die Beziehung zwischen Waverly und Kieran nicht im Mittelpunkt sondern es geht viel mehr darum wie Menschen in Extremsituationen reagieren und agieren. Es geht um Unterdrückung, Lügen und Intrigen aber auch darum sich durchzusetzen, Verantwortung und Stärke. Lediglich die Blauäugigkeit mancher Personen lässt einen das ein oder andere Mal etwas ungläubig den Kopf schütteln.

Fazit:

"Sternenfeuer – Gefährliche Lügen" ist der gelungene Auftakt einer Trilogie, der einen nicht nur an einen ungewöhnlichen Handlungsort mitnimmt sondern auch noch mit einer spannenden Geschichte und drei sehr unterschiedlichen aber glaubhaften Protagonisten aufwarten kann. Eine tolle Idee die gut umgesetzt wurde.