Rezension

Toller, spannender und komplexer Cold-Case-Fall

Leonhardsviertel - Thilo Scheurer

Leonhardsviertel
von Thilo Scheurer

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Herbst 1995: Ein Bankierssohn wird im Stuttgarter Rotlichtviertel erschossen aufgefunden. Schon nach kurzer Zeit und ohne einen Verdächtigen werden die Ermittlungen eingestellt. Zwanzig Jahre später liegen die Akten beim neu gegründeten LKA-Dezernat für ungeklärte Mordfälle. Ehe sie sich’s versehen, stecken Hauptkommissarin Marga Kronthaler und ihr neunmalkluger Assistent Sebastian Franck in einem Sumpf aus Kunstdiebstahl, Geldwäsche und Geheimdiensten. Als die Spuren in die höchsten Kreise der Politik führen, wird es für das ungleiche Duo gefährlich.

Sebastian Franck (mit ck) tritt seine neue Stelle beim LKA, der neu gegründeten Abteilung TOM (Tote ohne Mörder) an. Seine neue Chefin Marga ist anfangs eine genervte, kettenrauchende Frau, die mehr private Probleme hat, und sich nicht wirklich auf die neue Abteilung und ihre neuen Kollegen einlassen will. Außerdem sind noch Cem und Franziska im neuen Team dabei, Cem, der nur Rock’n Roll hört und Franziska, die in schrägen Klamotten rumläuft und sich dunkel schminkt und dabei sofort an Abby von Navy CIS erinnert. Sebastian erhascht sofort einen Fall, da ein seltenes Auto verkauft wurde und dieses mit dem Mord an einem Bankierssohn 1995 zusammenhängt. Sebastian und Franziska finden schnell Spuren und sie merken schnell, dass damals nicht richtig ermittelt wurde und vieles nicht in der Akte erscheint, wie z.B. wichtige Zeugenaussagen. Somit entwickelt sich in Kürze eine interessante Ermittlung, in der es nicht mehr nur um Mord, sondern auch um Kunstraub, Geldwäsche und Korruption geht. Alte DNA-Spuren werden dank neuester Technik neu untersucht und es wird auch ein Verdächtiger gefunden, der eine homosexuelle Beziehung zu einem wichtigen Politiker unterhält. Es wird immer brisanter und heikler in diesem Fall, so dass sogar Marga, die Chefin, von ihren Vorgesetzten unter Druck gesetzt wird. Die Ermittlungen nehmen rasante Fahrt auf.

Die Charaktere der Protagonisten sind teilweise schrullig aber überaus sympathisch dargestellt. Jeder hat einen kleinen Spleen, doch genau damit kommen sie gut rüber. Sebastian, der Pedant, der es immer ganz genau nimmt und so pingelig ist, dass man sich teilweise kaputtlachen muss. Franziska die Havy- Metall liebende Vampirbraut, die verrückte Klamotten trägt und Sebastian mit nach Wacken schleppen möchte. Und die super Arbeit bei der Zusammenarbeit mit Sebastian macht. Und Marga, die Chefin, die anfangs mit ihren neuen Mitarbeitern hadert, meint dass sie alle verrückt sind und ihre privaten Probleme ihr über den Kopf wachsen. Aber sie entwickelt sich im Laufe der Geschichte doch als kompetente Chefin mit Rückgrat.

Der Schreibstil ist klar und flüssig und mit einer Prise Humor gespickt, so dass man zwischendurch immer mal wieder schmunzeln oder herzhaft lachen kann. Die privaten Probleme von Marga und ihre Nikotinsucht sind gut in die Geschichte eingearbeitet, so dass man auch diesen Part mit Spannung verfolgte, wie sie wohl ihre Probleme lösen wird. Die jeweils relativ kurz gehaltenen Kapitel fand ich sehr gut.

Ein überaus spannender, komplexer und toll geschriebener Krimi, der mich gefesselt hat. Es wurden so viele falsche Fährten gelegt, dass man bis zum Schluss nicht wusste, wer der Täter war. Hinzu kam, dass es ein Cold-Case-Fall war, was für mich in einem Krimi auch neu war, und dies mich noch neugieriger auf diesen Krimi machte. Ein perfekter Krimi, in dem nichts gefehlt und der mich gefesselt und begeistert hat. Ich hoffe sehr, dass es bald weitere Fälle mit diesem tollen Team geben wird.