Rezension

Tolles, durchweg überzeugendes Buch für Jugendliche und Erwachsene

Die Farben der Sonne - Brita Rose-Billert

Die Farben der Sonne
von Brita Rose-Billert

Bewertet mit 5 Sternen

Spannende Familiengeschichte für Jugendliche und Erwachsene auf der Pine Ridge Indianerreservation!

Mit „Die Farben der Sonne“ liegt ein sehr überzeugender, stimmungsvoller und mitreißender Jugendroman vor, an dem auch Erwachsene ihre Freude haben werden.

Vom ersten Wort an ist die Geschichte atmosphärisch dicht, sehr intensiv geschrieben und man kann sofort mit den Figuren mitfühlen. Besser kann ein Einstieg nicht gelingen.

Nun zum Inhalt:

Der junge Walter McKenzie, der sich selbst viel lieber als Blue Light Shadow bezeichnet, lebt in Chicago auf der Straße, nach dem viel zu frühen Tod seiner Mutter. Sie war eine Lakota-Indianerin, die vor Jahren ihre Heimat verlassen hatte und in zweiter Ehe mit einem Oneida-Indianer verheiratet war. Blues leiblicher Vater ist schottischer Herkunft und dieser bekommt nun von der Jugendfürsorge das Sorgerecht und Blue wird von der Polizei von der Straße gefangen.

Der Vater tritt das Sorgerecht jedoch sofort an die Großeltern ab, ein altes Lakota Ehepaar mit Nachnamen Stonehorse, welches auf der Pine Ridge Indian Reservation lebt. Nur um seine geliebte Halbschwester Bonnie wieder zu sehen, lässt Blue sich darauf ein, dass sein Vater ihn dort hin bringt.

So landet Blue im weiten, ihm ziemlich menschenleer vorkommenden Westen der USA und muss sich dort mit einer neuen Familie und neuen Mitschülern arrangieren. Letztere sind nicht begeistert, sich mit einem „Halbblut“ abzufinden zu müssen, was Blue besonders am Anfang in der Schule schmerzhaft zu spüren bekommt.

 

Aber er erfährt in seiner Familie von Anfang an Rückhalt und Unterstützung und lernt sich so selber wieder wahr zu nehmen. Und er entdeckt seine Wurzeln und die stärke und Schönheit der Lakota-Kultur.

Die ruhige, wissende Gelassenheit und Weisheit seines Großvaters, sowie die liebenswürdige Art seiner Großmutter und die fast täglichen Pfannkuchen-Orgien, zu der zahlreiche Familienmitglieder erscheinen, lassen Blue schnell in Pine Ridge ankommen.

Besonders die Pferdeherde, die seiner Familie gehört, schafft einen Zugang auch zu den letzten skeptischen Familienmitgliedern der Familie Stonehorse und sind Anstoß für Blues große Bewährungsprobe.

Denn eines Tages sind die Pferde, die die Indianer wie Brüder behandeln und lieben, verschwunden und Blue macht sich mit einem gleichaltrigen Cousin auf die Suche nach ihnen.

 

Und so beginnt ein interessantes, jugendgerechtes Abenteuer, welches aber auch locker spannend und abwechslungsreich genug ist, erwachsene Leser in seinen Bann zu ziehen. Besonders diejenigen, die sich für die Kultur der Prärieindianer interessieren, werden auf ihre Kosten kommen, aber auch Pferdeliebhaber.

Ich persönlich beschäftige mich schon länger mit den nordamerikanischen Ureinwohnern und die Lakota haben es mir besonders angetan, vielleicht auch, weil es von ihnen noch am meisten Literatur gibt, zumindest deutschsprachige. Auch viele Sachbücher und Selbstzeugnisse habe ich in den letzten Jahren gelesen.

Deswegen kann und möchte ich zu diesem Buch sagen, dass ich die Umsetzung der Spiritualität und Naturverbundenheit der Familie Stonehorse, diese mitschwingende Zweideutigkeit von äußerlich wahrnehmbarer Realität und den Vorfahren und Spirits, sehr gelungen finde!!! Das sorgt in dem Buch für eine tiefgründige Authentizität und schafft ein lebendiges Bild davon, wie sehr sich die Weltwahrnehmung und Selbstsicht der Lakota von der des weißen Mainstreams unterscheidet, wie viel vielschichtiger und allumfassender sie ist. Der Einzelne ist stets ein Teil des großen Ganzen, ein Teil der Familie und das Wohl aller geht immer vor. Vor der egoistischen Erfüllung individueller Bedürfnisse und wenn es allen gut geht, geht es auch dem einzelnen gut. Die Allgemeinheit, der Zusammenhalt der gesamten Großfamilie geht stets vor. Diese Details sind glaubhaft und auch für Erwachsene überzeugend recherchiert, aber bereits für junge Leser verständlich. Diese uneigennützige Weltsicht kann für jugendliche Leser eine Vorbildfunktion haben, da sie aber nie aufgesetzt oder künstlich ist, drängt sie sich nicht mit dem erhobenen Zeigefinger auf.

Die Charaktere durchlaufen während des Romans eine Wandlung, was die Figuren glaubhaft und sehr lebendig macht und dafür sorgt, dass man die ganze Familie ins Herz schließt. Natürlich entwickelt sich der Protagonist Blue am meisten und es ist toll, ihn bei seiner Reise in sein neues Leben zu begleiten.

Dieses Buch bietet sehr viele Anknüpfungspunkte für eine eventuelle Fortsetzung, welche ich mir sehr wünschen würde! Denn einige Dinge bleiben zwischen den Figuren noch offen und mich würde sehr interessieren, wie sich das auflösen könnte.

Auch war ich einfach sehr gerne mit dieser pfannkuchenverrückten, liebenswerten Familie zusammen und würde Blue und seine süße Schwester Bonnie beim Erwachsenwerden begleiten und mehr Zeit mit der Familie Stone Horse verbringen!

Ich vergebe volle Punktzahl für dieses überzeugende, wunderschöne Werk und hoffe sehr, bald eine Fortsetzung in der Hand halten zu können!