Rezension

Unterhaltsam und gut zu lesen

Die Geschichte der Bienen - Maja Lunde

Die Geschichte der Bienen
von Maja Lunde

Bewertet mit 4 Sternen

Wenn das Summen verstummt

„Im einen Moment waren die Bienenvölker gesund, hatten genug Nahrung und Brut, alles in bester Ordnung. Und plötzlich, im Laufe weniger Tage, ja sogar Stunden, war der Bienenstock so gut wie leer. Die Bienen waren weg, hatten ihre eigene Brut verlassen, alles verlassen. Und kamen nie wieder zurück.“

Inhalt

William entkommt 1852 seiner Depression, indem er sich zu Forschungszwecken mit dem optimalen Bau eines Bienenstocks beschäftigt, der den Imkern ermöglichen soll, das Leben im Bienenstock optimal zu erforschen und die immense Leistung des fleissigen Insekts besser beobachten und nutzen zu können. George versucht ein Jahrhundert später seinen feinen Imkereibetrieb optimal zu nutzen und den Bienen ein angemessenes Zuhause zu schaffen. Doch aus schier unerfindlichen Gründen sterben ihm seine Schützlinge einfach weg, die Bienen kommen nicht zurück zu ihrer Brut und die Königin ist dem Untergang verdammt, ebenso wie der Betrieb von George, indem sein ganzes Herzblut steckt. Für Tao werden die Bienen erst wieder interessant, als sie sich auf die verzweifelte Suche nach ihrem kleinen Sohn macht, der plötzlich unheimlich krank wurde und in einen anderen Landesteil verlegt wurde – niemand kann ihr sagen wohin. Hat ihr Sohn womöglich Kontakt mit jenen Insekten gehabt, die es angeblich nicht mehr gibt? Hat ihr Sohn gefunden, was die ganze Welt sucht? Bienen, die auf natürliche Art und Weise die Blüten bestäuben und damit einen unheimlich wertvollen Beitrag zur Ernährungsgrundlage der Menschen leisten!

Meinung

Maja Lunde entfaltet ihren Roman anhand dreier Lebensschicksale, deren Gemeinsamkeit die Bienen sind, wenn auch aus vollkommen unterschiedlichen Perspektiven und innerhalb verschiedener Jahrhunderte. Diese Grundidee, die ein eher biologisches Thema gekonnt mit einer belletristischen Erzählung verknüpft, hat mir gut gefallen.

 Tatsächlich sind es zwar die Bienen, die sämtliche Handlungen der drei Hauptprotagonisten beeinflussen, dennoch zieht sich ihr Vorhandensein bzw. Fehlen eher wie der rote Faden durch das Buch. Die Einzelgeschichten und der jeweilige Charakter stehen vielmehr im Fokus des Geschehens. Dadurch entsteht ein irgendwie dreigeteiltes Werk, bei dem sich die Übergänge und die Aussagekraft nicht so formschön finden, wie ich es mir gewünscht hätte. Dafür ist es Maja Lunde ausgesprochen gut gelungen, die Hintergründe und Lebensweisen der einzelnen Abschnitte einzufangen. Historisch konnte man sich sehr gut in die Vergangenheit, Gegenwart und sogar in die Zukunft einleben.

 Obwohl der dystopische Teil der Erzählung den wohl spannendsten Part innehat, einfach weil die geschilderten Lebensumstände so bedrückend und grausam erscheinen, weil es hier auch darum geht, wie die Menschheit nicht nur ihre Lebensgrundlagen verliert, sondern auch ihre Menschlichkeit, haben mir persönlich die Schilderungen aus der Vergangenheit und Gegenwart besser gefallen, weil dort unsere summenden Bienenvölker noch so schön lebendig wirken.

Sprachlich trifft der Leser auf einen leicht lesbaren Unterhaltungsroman, der schnell und effektiv das entsprechende Wissen vermittelt, welches man sich wünscht, ohne ausufernd zu werden oder in langweiliges Geplänkel abzudriften. Vorkenntnisse sind nicht nötig, man erfährt aber auch nichts wirklich Neues. Die verschiedenen Charaktere werden gut beschrieben, bleiben aber dennoch etwas blass, zumindest konnte ich mich mit keinem der Protagonisten so wirklich identifizieren, was weder an der Handlungsebene noch am Geschlecht der Person festzumachen war. Hier wäre mir ein klares Bild vor Augen lieber gewesen, doch die geschilderten Personen verlieren sich derart in ihren Handlungen, dass ich nicht recht einzuschätzen wusste, ob ich die Person nun mag oder nicht und warum überhaupt.

Fazit

Ich vergebe 4 Lesesterne für einen ansprechenden Unterhaltungsroman, der den klassischen Familienroman durch summende, kleine Lebewesen ausschmückt, die so viel oder auch so wenig bedeuten, dass es sich lohnt darüber nachzudenken, wie wir Menschen mit unserer Umgebung, mit den natürlichen Ressourcen umgehen, um unseren derzeitigen Standard beizubehalten oder ihn sogar zu verbessern. Das Buch macht darüber hinaus aufmerksam auf Missstände und entwirft ein gar grausiges Zukunftsszenario, in welchem der Einzelne überhaupt nicht mehr zählt, weil es verpasst wurde, das Leben lebenswert zu erhalten und sowohl Menschen als auch Lebewesen mit Respekt zu behandeln. Ein lesenswertes Buch, mit kleinen Mängeln aber großen Aussagen, sofern wir ihnen Gehör verschaffen können.