Rezension

Unterhaltsamer Reihenauftakt

Blue Scales - Katharina V. Haderer

Blue Scales
von Katharina V. Haderer

Blue Scales überzeugt mit einer authentischen, humorvollen Protagonistin und einem interessanten, phanasievollen Setting. Der Auftaktband ist ideal für Zwischendurch und macht Lust auf die Folgebände. Auch wenn für mich zwei zentrale Offenbarungen schon früh absehbar waren, bleibe ich mit vielen offenen Fragen zurück.

Inhalt 

„Schwarze Schatten gleiten durch die Nach, gelbe Augen leuchten wie die Verdoppelung des Himmelsgestirns auf. Egal wohin ich gehe – Augen. Sie schließen sich, ich stehe in der Finsternis.“ – KATHARINA V. HARDERER 

Als außereheliches Kind hat es Christie in der Familie ihres Ziehvaters nicht leicht. Die Songs sind eine der sechs Familien der Hexade, die sich die Stadt Poschovar in Einflussbereiche aufteilt. Großmutter Pheng Song kontrolliert das Arbeiterviertel mit einem ebenso festen Griff wie ihre Verwandten. Wohingegen sie in Christies Schwester Lin und ihrem Cousin Zhan die Zukunft der Familie sieht, ist Christie für sie nicht mehr als der Fehler ihrer Mutter. Doch mit dem Erscheinen eines Rudels wölfischer Gestaltwandler in Poschovar, hängt es plötzlich von Christie ab, ob die Songs ihre Position in der Hexade behaupten können. 

Meine Meinung 

Dank Katharina Haderers einnehmendem und flüssigem Schreibstil ist es mir leichtgefallen, in die Geschichte einzutauchen. Die Ausgangslage und die vielen offenen Fragen haben sofort mein Interesse geweckt und mich nur so durch die Seiten fliegen lassen. Die Handlung wird aus der gegenwärtigen Perspektive der Protagonistin Christie erzählt, die dem Leser einen sehr direkten und humorvollen Einblick in ihre Gedanken gewährt. Mir hat gut gefallen, dass nicht die klassische, unfehlbare Heldin ist. Christie verhält sich nicht immer korrekt, geht aber sehr reflektiert mit ihren Fehlern um, was sie sehr sympathisch und authentisch macht. Da man schon früh von ihrer schwierigen Position innerhalb ihrer Familie erfährt, konnte ich ihre Entscheidungen und Gefühle stets nachvollziehen. Es wird an einigen Stellen emotional und gefühlvoll, auch wenn nur Christies Schwester Lin die typische Begegnung mit einem potentiellen Loveinterest auf den ersten Seiten hat. Ich habe eine Liebesgeschichte in diesem Buch wirklich nicht vermisst und fand es schön, wie in dieser Hinsicht mit Klischees gebrochen wird. Christies enge Beziehung zu ihrem Ziehvater Long, der nach einer vierzehnjährigen Gefangenschaft zurück in die Familie kehrt, hat mir besonders gut gefallen. Ihre Mutter und Schwester blieben mir demgegenüber zu blass. Auch Großmutter Song hat eine interessante Persönlichkeit, die ich gerne noch näher kennengelernt hätte. Vielleicht ist das aber auch etwas, das noch im Folgeband passieren wird. 

Die Welt die Katharina Haderer geschaffen hat, ist sehr zugänglich, da sie viele Parallelen zu unserer aufweist. Eine Besonderheit sind die verschiedenen Formen von Interens, Wesen mit magischen Begabungen oder ungewöhnlichen Köpermerkmalen, zu denen auch Gestaltwanderer zählen. In Christies Familie begegnen dem Leser gleich zu Anfang zwei Arten von Interens, Nekromanten und Drachenwandler, später innerhalb der Hexade noch einige mehr. Christie hat selbst damit zu kämpfen, dass sich auf ihrem Körper immer mehr Schuppen bilden, die ihre Abstammung von einem Drachenwandler offensichtlich machen. Eine große Belastung, die sie vor ihrer Familie geheim hält, und den Leser noch neugieriger auf ihren leiblichen Vater werden lässt. 

Die Machtstrukturen in Poschovar erinnern mit den unterschiedlichen Familienoberhäuptern ein wenig an die Mafia. Die Positionen innerhalb der Hexade werden in blutigen Duellen ausgetragen, was für genug actionreiche Momente sorgt. Die Funktion als Iudex die Christie in dem ganzen einnimmt, hat nur leider keinen Mehrwert für die Handlung geschweige denn für die Hexade, was mich ein wenig gestört hat. Auch die Antagonisten, die wölfischen Gestaltwandler, konnten mich nicht von sich überzeugen. Obwohl sie zunächst spannend wirken, bedienen sie gegen Ende ein einseitiges Klischee nach dem nächsten. Nichtsdestotrotz ist „Blue Scales“ ein unterhaltsames Buch für Zwischendurch, das Lust auf die Folgebände macht. Auch wenn für mich zwei zentrale Offenbarungen schon früh absehbar waren, konnte ich an manchen Stellen überrascht werden und bleibe mit vielen offenen Fragen zurück. „Green Scales“ werde ich daher auf jeden Fall lesen!