Rezension

Unterwegs mit Urne

Niemand weiß, wie spät es ist - René Freund

Niemand weiß, wie spät es ist
von René Freund

Bewertet mit 3 Sternen

Unterhaltsames Buch über einen letzten Willen, der einige Turbulenzen mit sich bringt

~~Niemand weiß, wie spät es ist – das heißt: niemand weiß, wann es Zeit ist für immer zu gehen. In René Freunds gleichnamigen Buch geht es freilich weniger ums Abschiednehmen oder die ars moriendi, sondern um den letzten Willen von Klaus Weilheim. Der hat sich für seine Tochter eine Aufgabe ausgedacht: nach seinem Tod soll sie mit einem Begleiter die Urne an eine bestimmte Stelle bringen und dort bestatten. Um wen es sich bei ihre Begleiter auf der Wanderung in die Alpen handelt und wo sie die Urne ihres Vaters bestatten soll, wird nach und nach durch verfasste Nachrichten des Vaters entschlüsselt. Freilich sind es nicht die Nachrichten des Vaters, die das Buch interessant machen, sondern die Wanderung, auf die sich Nora mit ihrem Begleiter Bernhard macht. So viel sei verraten: sie kennt danach nicht nur sich selbst besser.

René Freund ist ein unterhaltsames Buch gelungen. Dafür sorgen vor allem die beiden Protagonisten: die leicht tollpatschige, spontane Nora und der eher zurückhaltende, bedachte Bernhard. Klaus Weilheims Beschäftigung mit seinem nahenden Tod, die sich in den Nachrichten an seine Tochter spiegelt, empfand ich hingegen als recht langweilig und gewollt. Es wird deutlich, dass Weilheim ein distinguierter älterer Herr war – dem Lesefluss tut das allerdings nicht gut, wirken seine Ausführungen doch sehr platziert.

Insgesamt habe ich mir von dem Buch mehr erwartet, habe ich doch schon anderes von Freund gelesen. Szenen, die einem im Gedächtnis bleiben, weil sie so anschaulich geschildert werden, gibt es in „Niemand weiß, wie spät es ist“ nicht. Zumindest nicht für mich. Es ist ein unterhaltsames Buch. Und das ist ja nicht das Schlechteste.