Rezension

Viele Morde und viel Entwicklungspotenzial

Schatten über dem Aargau - Ina Haller

Schatten über dem Aargau
von Ina Haller

Bewertet mit 3 Sternen

~~Ein Schreibprojekt mit Schülern führt Andrina an ihre alte Kantonsschule zurück, an die sie nicht die besten Erinnerungen hat. Ausgerechnet ein Lehrer von damals ist Ansprechpartner für die Zusammenarbeit zwischen Schule und Verlag und ausgerechnet diesen Lehrer findet Andrina tot auf. Ein Mord, wie die Polizei feststellt. Kurz danach kommt noch eine weitere Lehrerin ums Leben und wieder ist es Andrina, die als erste am Tatort ist. Sie gerät ins Visier der ermittelnden Polizei, die sie bald als Verdächtige behandeln, wobei die „Gespräche“ von Vorurteilen geprägt sind. Liegt es vielleicht daran, dass Andrina die Verlobte des vorgesetzten Kommissars ist, der im Augenblick dienstunfähig ist und in dessen Abteilung Rangfolgekämpfe herrschen? Lediglich Susanna, eine junge Beamtin hält zu ihr und zieht sich auch immer wieder zu den Ermittlungen heran. Noch weitere Morde folgen, und auch hier ist es wohl der Zufall, der Andrina als Erste zum Toten führt.
Die Geschichte aus dem Aargau ist allein schon durch die hohe Mordrate spannend geraten. Andrina ist praktisch gezwungen, auf eigene Faust zu agieren, wenn sie die Einwände der vorverurteilenden Polizisten entkräften will. Ihr Verlobter ist da erstaunlich wenig involviert. Das ist mir als Leserin oft  weit hergeholt vorgekommen. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich an die papieren Figuren keine Annäherung fand. Ich hätte mir mehr Profil und Tiefe für die Hauptpersonen gewünscht, aber vielleicht haben sie ihre Charakterisierung schon in früheren Bänden erhalten.
Die Polizei puzzelt vor sich hin und auch wenn ein Kriminalroman nicht die Realität widerspiegeln muss, hätte ich mir da etwas mehr Präzision gewünscht. Es wurden weder Fingerabdrücke, noch DNA Proben genommen, noch Alibis abgefragt, noch weitere Spuren verfolgt, trotzdem muss sich Andrina fast hochnotpeinliche Verhöre gefallen lassen. Auf der anderen Seite wird sie von der jungen Polizistin Susanna heimlich zu Tatorten mitgenommen und in die Ermittlungen einbezogen, das erschien mir ebenfalls sehr unwahrscheinlich.
Immer wenn die Handlung dann nicht weiter geht, geschieht ein weiterer Mord und ganz zum Schluss kommt es zu einer wirklich überraschenden Auflösung, deren kleine Hinweise von der Autorin sehr geschickt im Text verborgen waren. Das Ende schien mir dann geradezu überstürzt. Die Der Krimi ist mit einer ordentlichen Portion Spannung und in solidem, gut lesbarem Stil geschrieben, auch wenn das Quäntchen Raffinesse fehlt.
Mein persönliches Fazit: die Figuren haben noch einiges an Entwicklungspotenzial.