Rezension

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Vielversprechendes Debüt mit einigen Schwachstellen

Zähmung - Das Vermächtnis der Wölfe - Farina de Waard

Zähmung - Das Vermächtnis der Wölfe
von Farina de Waard

Bewertet mit 3 Sternen

(Hinweis vorab: Bei dem vorliegenden Werk handelte es sich um die erste Auflage. Mittlerweile ist eine neuere Auflage heraus, in der neben Seitenfarbe und Coverprägung auch kleinere Änderungen vorgenommen wurden.)
(Achtung, kleinere Spoiler können enthalten sein!)

In Farina de Waards "Zähmung" wird die ahnungslose Sina von fremdartigen Männern entführt, die sie in eine Festung in einer fremden Welt verschleppen. Zwischen Kerker und Folter hat sie keinen blassen Schimmer, was mir ihr geschieht - und warum gerade ihr. Ebenso wenig kann sie begreifen, als sie gerettet und fortgebracht wird.
Im abgeschiedenen Dorf Ornanung erwacht sie wieder und beginnt sich von ihren Verletzungen an Körper und Seele zu erholen. Hilfe erhält sie dabei vom Altmagier Shetan und seinem Enkel Tarek, die sie schützen und ihr helfen. Sie stehen auch dann noch zu ihr, als Sina entdeckt, dass sie ursprünglich aus dieser Welt stammt und zudem starke Magie in ihr schlummert - Magie, die durch die Tyrannin Zayda, die sie zuvor foltern ließ, verboten wurde.
Von nun an muss sie sich nicht nur an die neue Lebensweise anpassen, um nicht aufzufallen, sondern wird auch in Magie und Kampf unterwiesen. Doch die Gefahr, von Zayda oder ihrem Gefolge, den Ratken, entdeckt zu werden, ist allgegenwärtig.

Mit "Zähmung" hat Farina de Waard ein seiten- und handlungsstarkes Debüt herausgebracht und gleichzeitig die Reihe "Das Vermächtnis der Wölfe" begonnen. Das Covermotiv ist eher schlicht gehalten, wirkt in Kombination mit der geschnörkelten Titelschrift jedoch sehr edel. Auch die Kapitelnamen sind in einer altdeutsch anmutenden Schrift gesetzt, die zeitweise jedoch ein wenig knifflig zu lesen ist.
Die Kapitel sind teilweise sehr lang, was in Verbindung mit all den Geschehnissen am Anfang dazu führt, dass ich eine Weile brauchte, um in die Handlung reinzukommen. Von unserer Welt geht es in die Welt Tyarul in die Festung, wo Sina gefangen gehalten wird, dann quer durch das Land ins Dorf Ornanung. Obwohl häufig Dörfer, Städte und Landstriche erwähnt werden, sind hiervon jedoch nur sehe wenige auch auf der Karte verzeichnet, sodass es teilweise schwer war, den örtlichen Zusammenhängen zu folgen.
Was mir jedoch sehr gut gefallen hat ist die Tatsache, dass de Waard mit den Perspektiven spielt und häufiger vielen unterschiedlichen Handlungsträgern die Sicht gegeben hat, und wenn es nur für einige Absätze war. So war es sehr gut zu verfolgen, was sich bei den verschiedenen Parteien zeitgleich abspielte und wie Sina oft nur der Zufall rettete.
Mehrfach wurde jedoch auch innerhalb eines Abschnitts kurzfristig zwischen den Perspektiven gerutscht, ohne dies kenntlich zu machen, was mich beim Lesen stellenweise irritiert hat. Auch einige Grammatik- und Zeichensetzungsfehler haben sich noch eingeschlichen und sind mir häufiger aufgefallen. Es ist aber möglich, dass diese mit den neuen Auflagen bereits beseitigt wurden.
Etwas unglaubwürdig war die Ausbildung Sinas. Natürlich ist klar, dass sie großes Talent hat, und ausführlichere Ausführungen wären bei der Seitenstärke sicher sich knifflig gewesen, dennoch lief es mir häufig zu glatt. Egal, was Sina angeht, ob Waffengebrauch oder Magieübung, alles gelingt ihr im Handumdrehen. Zwar hat die Autorin versucht, auch Rückschläge einzubauen, doch in vielen Fällen reicht ein kurzer Kommentar, dass Sina es in sich habe, und schon gelingt es ihr ein paar Versuche später. Das wirkte bei aller Begabung unrealistisch. Ich hätte auf einige Teilübungen verzichten können, wenn die anderen Fehlversuche dafür stärker ausgearbeitet geworden wären und etwas Tempo rausgenommen worden wäre. Beim Schwertkampf hat das sehr gut funktioniert.
Auch sonst gab teils sehr schnelle Wechsel. Wo Sina zuvor noch der Ansicht war, ihren eigentlichen Namen Zenay nicht tragen zu wollen, wechselt dies von einem Kapitel zum anderen plötzlich und sie identifiziert sich schlagartig damit. Nur ihre neuen Freunde nennen sie noch Sina. Auch die Romanze zwischen Sina/Zenay und Tarek entwickelt sich sehr schnell, hier wären ein paar Anzeichen in den vorhergehenden Kapiteln schön gewesen. So wirkt es ein wenig, als habe die Autorin nur die klischeehafte Auserwählten-Dorfjungen-Romanze einzubauen versucht.
Einige Abschnitte und Entwicklungen hätten auch gerne vertieft werden können, weil stellenweise kurzfristig das Gefühl entstand, Szenen würden verschiedenen anderen Werken ähneln. Mit ein oder zwei näheren Details wäre dieser Eindruck vermutlich verschwunden.
Aber es gibt auch schöne Entwicklungen. Mir hat sehr gut gefallen, wie Sina immer wieder Wölfen begegnet und nach und nach das Vertrauen von Tareks Freunden gewinnen muss. Dass besagte Freunde auf die legendären Wölfe jedoch nur ein wenig erstaunt reagieren, ist schade.

Trotz aller Schwächen hat Zähmung es mit jedem Kapitel etwas mehr geschafft, mich in seinen Bann zu ziehen, sodass ich letztendlich richtig mitgefiebert habe und nun sehr gespannt auf den zweiten Band bin. Es ist erkennbar, dass es sich um ein Debütwerk handelt, und einige Schwächen und Grammatikfehler lassen mich insgesamt auf solide drei Sterne kommen. Dennoch sehe ich in Autorin und Geschichte Potenzial, aus der Reihe ein großes Gesamtwerk entstehen zu lassen, das sich mit den nachfolgenden Bänden steigert und weiter entwickelt.