Rezension

voll verplant

Frühstück mit Sophie - Jennifer Bentz

Frühstück mit Sophie
von Jennifer Bentz

Louisa hat ihr Leben genau durchgeplant und sich immer auf die sichere Seite gesetzt. Eine unaufregende Beziehung, ein täglicher Brotverdienst, alles in Ordnung und bloß keine Risiken. Doch dann fällt ihr Plan in sich zusammen und mit einem Mal findet sie sich in einer Rentner-Studenten-WG wieder, bei der Hanf auf dem Balkon wächst und ein gemeingefährlicher Papagei im Waschraum wohnt.

Louisa hat ihr Leben genau durchgeplant und sich immer auf die sichere Seite gesetzt. Eine unaufregende Beziehung, ein täglicher Brotverdienst, alles in Ordnung und bloß keine Risiken. Doch dann fällt ihr Plan in sich zusammen und mit einem Mal findet sie sich in einer Rentner-Studenten-WG wieder, bei der Hanf auf dem Balkon wächst und ein gemeingefährlicher Papagei im Waschraum wohnt. Dabei will Louisa eigentlich nur zurück in ihr sicheres Leben und zu ihrem risikolosen Plan.

Das Buch startet mit einem Haufen Klischees. Der spießigen Angestellten, die ihre Beziehung gerade deswegen liebt, weil sie so emotionslos ist. Die am Valentinstag dem Kellner verspricht, keine Aufregung zu verursachen. Und prompt von ihrem Freund eine Hiobs-Botschaft serviert bekommt, mit der sie weder gerechnet hat, noch umzugehen weiß. Dass sie am nächsten Tag die gemeinsame Wohnung verlässt ist dann auch weniger eigener Antrieb, als das Mitgerissen werden von der Feministin Lea. Überhaupt denkt Louisa viel, handelt aber wenig.

Dass sie aus diesem Trott ausbrechen kann und Freiluft schnuppert ist der neuen Umgebung und vor allem Sophie zu verdanken, die als Rentnerin ihren Traum vom Schauspielstudium angeht und dabei noch als Dauer-Mamafigur Louisa ein ganz anderes Leben vorlebt, als diese es gewohnt ist. Dabei tritt auch Sophie dem ein oder anderen auf den Schlips, ist aber nicht bereit, Abstriche zu machen. Immerhin sieht das Leben aus der „gealterte“ Perspektive noch einmal ganz anders aus. Warum noch warten, wenn das „geordnete“ Leben doch bereits hinter ihr liegt?

Ja, es prallen Welten aufeinander, doch Louisa sucht sich darin vor allem selbst, probiert anderes aus, gewagtes, illegales. Kontrastprogramm. Und nein, sie wandelt sich nicht, nicht um 180 Grad, kann ihr altes Kostüm eben nicht mal eben so schnell ablegen. Das ist das gelungene an dem Buch. Es sagt nicht: Es ist so leicht, glücklich zu werden. Sondern zeigt, dass auch zum Glück Arbeit und Mut gehören und Glück im Auge des Betrachters liegt. Was der eine in der Schauspielerei sieht, sind dem anderen eben Zahlen.

Louisas Selbstfindungstrip ist darum auch eher ein Selbsterkennungstrip, ein Anerkennungstrip, denn eigentlich weiß sie längst, was sie will, sie hatte nur nie den Mut, die damit verbundenen Risiken einzugehen. Stattdessen hat sie zehn Regeln, die sie strikt befolgt hat, um ein sicheres Leben führen zu können. Und nun werden diese Regeln angezweifelt. Nicht, weil Louisa aufhört, spießig zu sein, sondern weil sich ihre schwarz-weiße Weltsicht in Graustufen schattiert. Das ist gelungen, das ist gut zu lesen, witzig und emotional, kitschig, klischeehaft und trotzdem ungewöhnlich.

Denn nicht nur Louisa lernt hier einiges dazu und schafft es, eine Entwicklung durch zu machen, auch Lea und Sophie, Paul und Ben lernen dazu. Die Nebenfiguren sind eigenständig, haben ihre eigenen Geschichten und Päckchen zu tragen. Das macht das Buch voller, schöner zu lesen und lebensechter.

Mir hat Frühstück bei Sophie sehr gut gefallen. Ja, Louisa torkelt von einem Kerl zum nächsten, aber im Grunde geht es ihr nicht darum, das ist, das merkt der aufmerksame Leser schnell, Beiwerk. Denn tatsächlich verliebt Louisa sich zum ersten Mal in sich selbst und erkennt, dass ein sicheres Leben und ein wertvolles Leben eben manchmal auseinanderdriften. Hier liegt das Lesenswerte. Louisa geht es am Ende nicht wirklich um die Männer in ihrem Bett, sondern um ihr eigenes Glück. Und diese Erkenntnis ist Gold wert.