Rezension

Vom Krieg, der Liebe und der Gesellschaft

Der letzte Sommer - Helen Simonson

Der letzte Sommer
von Helen Simonson

Bewertet mit 2.5 Sternen

Beatrice Nash will nach dem Tod ihres Vaters ihr Leben endlich selbst in die Hand neben - als Lateinlehrerin des kleinen Örtchens Rye. Doch der Weg dorthin ist alles andere als leicht. Eine Frau, die ihren Lebensunterhalt selbst verdienen möchte ist doch alles andere als normal. Doch Beatrice setzt sich durch - eine Hochzeit kommt für sie nicht in Frage. Wirklich akzeptiert wird sie zwar nur von Agatha Kent und ihrer Familie, aber das ist ihr egal. Und als der Krieg seine Arme auch langsam nach England ausstreckt sind all diese kleinen alltäglichen Sorgen ohnehin nichtig..

Zu Beginn musste ich mich wirklich ein bisschen durch die Seiten quälen. Der Schreibstil ist altbacken und dadurch - zumindest am Anfang, bis man sich hineingelesen hat - alles andere als flüssig zu lesen. Das war aber gar nicht das Problem, das ich damit hatte. Dass man sich kurz mal mit der anderen Art zu schreiben auseinandersetzen muss passiert bei so ziemlich jedem Klassiker, den man zur Hand nimmt. Hier hat es für mich aber einfach nicht gepasst. Und da kann ich noch nicht einmal wirklich in Worte fassen warum - das Buch spielt in der Vergangenheit, damals hat man sich eben noch anders ausgedrückt also eigentlich sollte alles stimmig sein. Für mich hat aber einfach irgendwas nicht gepasst - rein gefühlsmäßig.

Zudem braucht die Geschichte relativ lang, um endlich Fahrt aufzunehmen. Im ersten Teil passiert nicht wirklich viel außer ein bisschen Stutenbissigkeit unter Frauen und die kleinen Intrigen, die in der Gesellschaft eben so gesponnen werden. Die Charaktere bleiben bis auf ganz wenige Ausnahmen über weite Strecken ziemlich farblos. Selbst unsere Protagonistin empfand ich bis zur Mitte des Buches blass und langweilig.

Mit dem Krieg kommt aber auch die Spannung - so morbide das eben auch klingen mag. Aber sobald sich die Bürger von Rye nicht mehr nur über das Kleid des Nachbarn Gedanken machen müssen, nimmt die Geschichte Fahrt auf. An manchen Stellen hat es sogar ein bisschen was von Realsatire. Ob das nun wirklich so gewollt ist sei dahingestellt, ich fand es aber großartig wie unserer heutigen Gesellschaft in manchen Szenen der Spiegel vorgehalten wird - völlig überzogen und schon so traurig und frustrierend, dass man als Leser eigentlich nur noch lachen kann. 

Zu empfehlen ist das Buch allen, die auch Spaß an gesellschaftlichen Irrungen und Wirrungen des vergangenen Jahrhunderts haben, die keine Scheu haben sich auch mal durch eine etwas umständliche Sprache zu kämpfen und jedem, der gerne mehr über die Zeit des ersten Weltkriegs erfahren möchte. Denn allen Macken der Geschichte zum Trotz, die Begebenheiten dieser Zeit sind großartig auf Papier gebannt.