Rezension

Warmherzige Geschichte über Identität und gesellschaftliche Narrative

Weiße Wolken -

Weiße Wolken
von Yandé Seck

Bewertet mit 5 Sternen

Weiße Wolken - die kleinen weißen Flecken auf den Fingernägeln, die entgegen weit verbreiteter Meinung von stumpfer Einwirkung auf die Nägel herrühren. Damit vergleicht Zazie in Yandé Secks Debütroman die schmerzhaften Erfahrungen, die einen prägen, die eigene Identität ausmachen.

Davon gibt es viele bei Yandé Secks drei Protagonist*innen: Zazie, die immer wieder auf ihr eigenes Anderssein als Schwarze in Deutschland zurückgestoßen wird, die ihre Wut über Alltagsrassismus und Sexismus oft nicht zurückhalten kann. Dieo, die mit den gesellschaftspolitischen Diskursen ihrer Schwester nicht mithalten kann, hat sie doch mit ihren Kindern zu viel zu tun. Die gleichzeitig aber ihre eigene Wut über die Verteilung von Care-Arbeit in ihrer eigenen Familie in sich aufstaut. Und ihr Mann Simon, der den gesellschaftlichen Druck übernimmt sich in der Kryptowelt zu behaupten ohne seine eigenen Wünsche zu hinterfragen.

So kreisen die drei Protagonist*innen umeinander, scheinbar absorbiert in ihrer Suche nach ihrer eigenen Identität zwischen gesellschaftlichen Idealen und individuellen Bedürfnissen.

Vieles wird nicht gesagt, viele Gedanken und intuitive Verhaltensmuster von Zazie, Dieo und Simon bleiben den Leser*innen gegenüber genauso unergründlich, wie sie vielleicht für die drei Charaktere selbst sind. Das lässt sie teilweise schwer greifbar machen. Manche Dialoge und insbesondere Konflikte, die genauso schnell gelöst werden wie sie aufgetaucht sind, wirken hölzern und unrealistisch.

Aber wenn man in die Geschichte reingefunden hat, sich an Yandé Secks ungewöhnlichen Erzählstil gewöhnt hat, verspricht das Buch ein schönes, leicht zu lesendes Leseerlebnis, das gleichzeitig wahnsinnig viele gesellschaftliche Diskurse aufgreift und doch so warmherzig und verständnisvoll jede*n der drei Protagonist*innen und ihre unterschiedlichen Perspektiven aufs Leben beleuchtet.

Trotz der teilweise konstruiert wirkenden Dialoge, habe ich das Buch deshalb ins Herz geschlossen und empfehle es sehr, gerade wenn man sich mit dem emotionalen Druck, den gesellschaftlicher Narrative ausüben, auseinandersetzen will.