Rezension

Witzig, durchdacht und gespickt mit tollen Charakteren

Zehn Dinge, die wir lieber nicht getan hätten - Sarah Mlynowski

Zehn Dinge, die wir lieber nicht getan hätten
von Sarah Mlynowski

Bewertet mit 4.5 Sternen

"Wir sind grade am Rock Ridge Country Club vorbei. Sieht ganz so aus, als wären wir schneller bei dir als gedacht. Ich kann's gar nicht erwarten, dich zu sehen, Prinzessin."
"Geht mir genauso", würgte ich mit erstickter Stimme hervor und legte auf. Ich machte die Augen zu. Und dann wieder auf. 
Im Wohnzimmer zwei halbnackte Jungs. Einer mit einem Krönchen auf dem Kopf. 
Noch mehr halbnackte Jungs in den anderen Zimmern. 
Leere Schnapsflaschen und kaputte Plastikbecher überall.
Und von Vis Mom weit und breit keine Spur.
Die Prinzessin war ja sowas von tot.

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INHALT:
April kann es nicht fassen: Ihr Vater hat einen neuen Job in Cleveland gefunden - und sie soll mit dorthin ziehen! Das geht ja mal gar nicht! Um dem drohenden Umzug und dem Verlust ihres gesamten Freundeskreises zu entgehen, heckt April gemeinsam mit ihrer Freundin Vi einen riskanten Plan aus: Obwohl deren Mutter verreist ist, zieht sie zu ihr und lässt ihre Familie in dem Glauben, es gäbe eine Aufsicht. Klar, dass Regelbruch da etwas Verlockendes ist. Die beiden schwänzen die Schule, lügen ihre Eltern an und geben wilde Parties - immer in der Gefahr, erwischt zu werden...

MEINE MEINUNG:
"Zehn Dinge, die wir lieber nicht getan hätten" erzählt Aprils Geschichte aus der Ich-Perspektive im Präteritum. Dabei ist die Schreibweise jugendlich gehalten, artet aber nur selten ins Übertriebene [wie etwas "Upsi"] aus. Der Stil ist flüssig und angenehm zu lesen, allerdings fallen die Beschreibungen - insbesondere die der Umgebung, manchmal aber auch die der Personen - sehr spärlich aus. Dies weiß die Autorin mit den überwiegend authentischen Dialogen jedoch schnell wieder auszugleichen.

April ist eine sehr sympathische Protagonistin, deren Sorgen, Gedanken und Gefühle man von Anfang an nachvollziehen kann. Sie möchte nicht irgendwo neu anfangen, wo sie niemanden kennt, und heckt daher den Plan aus, der sie tatsächlich ziemlich gut durch zu ziehen gelingt. Zwischenzeitlich ist sie ein wenig naiv, insbesondere, wenn es um das Verhalten ihres Freundes geht; dies wird aber nicht übermäßig nervig. Ihre Freundin Vi, bei der sie unterkommt, ist eine etwas kontrollsüchtige junge Frau mit einer Abneigung gegen Bindungen, aber einer ungeheuren Eifersucht. Mit ihrer offenen, wenn auch manchmal etwas zickigen, Art, ist sie sehr leicht schnell ins Herz zu schließen.

Aprils fester Freund Noah dagegen wusste mich von Anfang an nicht zu begeistern - was sicherlich aber auch ein wenig gewollt ist. Er wirkt unsicher, eifersüchtig und relativ langweilig, was ihn schnell nerven lässt. Dagegen gefiel mir Hudson sehr viel besser, ein Kumpel mit umwerfendem Aussehen und nicht unbeträchtlichem Charme. Er hilft April mehrmals in Not und verlangt nichts dafür, was ihn einfach sympathisch macht. Aber ebenso Nebenfiguren wie Lucy, die alle für verrückt halten und die sich als ganz anders als gedacht herausstellt, oder Aprils beste Freundin Marissa sind gut charakterisiert, auch wenn sie keine wirklich große Rolle spielen.

Die Geschichte selbst ist natürlich in einigen Aspekten sehr klischeehaft und plätschert anfangs auch noch ein wenig vor sich hin. Doch trotz einiger Dinge, die man als Leser schon kennt - der Freund, der sich nach einem Urlaub seltsam benimmt; das Belügen der Eltern; der gut aussehende, flirtende Kumpel - nimmt das Ganze irgendwann einiges an Fahrt auf und lässt einen dann kaum noch los. Dazu trägt sicherlich auch die besondere Schreibweise bei: Das Werk ist in 10 Kapitel unterteilt, in denen sich die Erzählung jeweils um eines der Dinge dreht, die April und ihre Freunde lieber nicht getan hätten. Diese Ausführungen sind ebenfalls unterteilt in Abschnitte, die erklären oder in die Vergangenheit blicken, was dem Roman etwas ganz Eigenes gibt.

Mit dem Voranschreiten des Buches nimmt auch die Spannung immer weiter zu, denn die Ereignisse verdichten sich. April versucht, ihre Beziehung zu Noah zu kitten, während sie sich gleichzeitig um ihre Freunde, die Schule und den Haushalt kümmern muss. Für Parties und allerlei anderen Spaß möchte sie natürlich ebenso noch Zeit haben - weswegen ihr bald alles über den Kopf wächst. Dennoch macht sie eine erstaunliche und wunderbar dargestellte Entwicklung durch, die besonders Auswirkungen auf ihre Entscheidung hat, was sie mit ihrem Leben anfangen möchte. Und so ist der Schluss tatsächlich nicht einmal ansatzweise so stereotyp wie vielleicht vermutet und hinterlässt beim Leser stattdessen ein Gefühl der vollsten Zufriedenheit. Davon bitte mehr!

FAZIT:
"Zehn Dinge, die wir lieber nicht getan hätten" ist in manchen Belangen vielleicht etwas klischeehaft und hat einen langsamen Start, kann aber spätestens ab Seite 100 vollständig mit starken Charakteren, einer guten Story und viel Spannung überzeugen. Ein Jugend-Roman, den ich jedem nur empfehlen kann! 4,5 Punkte, hier abgerundet auf 4.