Rezension

witzig, warmherzig und sehr sizilianisch

Tante Poldi und die Früchte des Herrn
von Mario Giordano

Bewertet mit 5 Sternen

Tante Poldi und Sizilien, ein Duo der Leidenschaft!

witzig, warmherzig und sehr sizilianisch

 

Tante Poldis Leben auf Sizilien ist nicht immer ganz einfach: Nicht nur, dass bei ihr und der Nachbarschaft schon seit Tagen kein Tropfen Wasser mehr aus dem Hahn kommt und der nette Hund ihrer Freundin vergiftet wird. Zu allem Überfluss landet sie nach einer Feier bei dem Winzer Avola in dessen Bett und findet am nächsten Morgen auf seinem Land die Leiche der Wahrsagerin, mit der sie noch am Abend zuvor geplaudert hat. 

Mario Giordano lässt Tante Poldi bereits zum zweiten Mal ermitteln und es ist zu hoffen, dass sie noch lange aktiv bleibt. Denn die Tante Poldi, ihres Zeichens bayrische Urgewalt, geht mit ihrem verklemmten und erfolglosen sizilianischen Neffen, dem sie ihre kriminalistischen Fortschritte - und vieles darüber hinaus - detailliert schildert, eine wunderbare Symbiose ein. 

Dem Neffen wird die Geschichte in die Feder gelegt, er ist der Ich-Erzähler, der all das, was er von der Tante erfährt, mit eigenen Gedanken und Kommentaren würzt und an die Leser weitergibt. Der Schreibstil ist eine Freude für sich, humorvoll und auf hohem Niveau, und brilliert unter anderem mit dem Stilmittel kreativer Aufzählungen (…quietschsüßen französischen Marmeladen und Familiengeschichten…S. 22).

Besonderes Lob verdient auch die Ausarbeitung der Charaktere. Ob es sich um den grimmigen, vulkanähnlichen Commissario Montana, die ätherische japanische Alge, eine der Dorisse dieser Welt oder den so fantastisch fabulierenden Onkel Martino handelt, sie alle verwandeln sich innerhalb kürzester Zeit zu vertrauten Bekannten. 

Selbst vor dem Tod wird nicht halt gemacht. Der erscheint mitunter, bewaffnet mit einem Klemmbrett, der Poldi und fachsimpelt über seinen Job. Er bleibt nicht das einzige übersinnliche Element, und ganz ohne diese esoterischen Hilfen wäre das Aufspüren des Täters sicher nicht möglich gewesen. 

Der Kriminalfall selbst, nicht  die Ermittlung, gerät ein wenig zur Nebensächlichkeit. Was nicht wirklich stört, die Entschädigungen sind mannigfach.

Und wer denkt, Sizilien sei einfach nur ein Teil Italiens, der wird eines Besseren belehrt. Hier wurde ein Stück sizilianische Seele eingefangen, um sie im Leser wieder frei zu lassen.

Wer außergewöhnliche Krimis mit Geist und Witz mag, der muss hier unbedingt zugreifen.