Rezension

Wundervoll!

Rokesby - Wie heiratet man eine Bridgerton -

Rokesby - Wie heiratet man eine Bridgerton
von Julia Quinn

Bewertet mit 5 Sternen

Von allen in Julia Quinns herrlichem Bridgerton-Universum angesiedelten Romanen zählt dieses Werk zu meinen absoluten Favoriten!

Hier bekam ich alles, was mein Regency-Romance-Herz begehrt. Empfand ich das Setting des Vorgängers ("Lady Bridgerton und der geheimnisvolle Verführer") aufgrund des Piraterie-Backgrounds als unpassend (da die Handlung sich fast ausschließlich auf einem Schiff abspielt), war ich nun umso versöhnter und seliger mit der stimmigen Location und der einnehmenden Atmosphäre des vorliegenden Werkes.

Von Anfang an spürte ich die engen Familienbande, die der gesamten Buchreihe zugrundeliegen. Tatsächlich war diese besonders intensiv ausgeprägte, liebevolle Beschreibung der Familiendynamik (neben den überaus sympathischen Haupt- und Nebenfiguren) mein persönliches Highlight. Natürlich genoss ich die Annäherung zwischen Nicholas und Georgiana, insbesondere ihre schelmischen, hitzigen, oftmals von Georgies trockenem Humor geprägten Wortwechsel sowie ihre auf lebenslanger Freundschaft basierende, angenehme Vertrautheit. Aber es waren die Szenen mit Violet (uns bisher bekannt als Mama Bridgerton), die für mich die Kirsche auf dem Sahnehäubchen darstellten.

"Georgie war noch nie zwei Menschen begegnet, die so füreinander geschaffen waren." Violet und Edmund sind so goldig, so verliebt, dass der Gedanke an die später spielenden Romane (und die Netflix-Serie), in denen sie verwitwet ist, mir einen Stich versetzte. Von ihren acht Kindern sind hier erst drei auf der Welt, ich erlebte also Anthony und Benedict als stürmische, von ihrem Umfeld vergötterte Lausbuben ("entzückend perfekte kleine Ungeheuer") und Colin als stets hungriges Baby - die Bridgerton-Fans wissen: Diesen gesunden Appetit wird er beibehalten.

Die damalige (gesellschaftlich streng eingeschränkte, furchtbar ungerechte) Rolle der Frau ist wunderbar eindringlich hervorgehoben worden.

"Was jedoch den guten Ruf anging … Dabei handelte es sich um ein schlüpfriges, wankelmütiges Ding, das sich nicht so leicht wiederherstellen oder zurückrufen ließ, und es spielte auch keine Rolle, wenn man mit dem erwähnten Verlust ÜBERHAUPT NICHTS ZU TUN HATTE. Die Gesellschaft war nicht freundlich zu Frauen, die die Regeln brachen. Die Gesellschaft war nicht freundlich zu Frauen, Punktum."

Wir mögen heutzutage schmunzeln über Plotelemente wie komprimierende Situationen, die ein Paar zur Ehe 'zwingen', schließlich garantieren sie uns unterhaltsame Lesestunden. Aber für die Frauen, reale Frauen der Vergangenheit, war dies bittere Realität: Ein Mann, den sie vielleicht nicht mal kannten, den sie womöglich sogar abstoßend fanden, konnte sie quasi in eine Ehe mit ihm drängen. (Und nicht alle Damen verfügten über wohlhabende, verständnisvolle Familien, die ihnen Unterstützung gewähren konnten.)

"Was Georgie sagte, spielte keine Rolle. Die Gesellschaft würde annehmen, dass Freddie Oakes sie sich zu Willen gemacht hatte. Und wie sollte sie das Gegenteil beweisen? […] Sie war trotzdem verdorbene Ware".

Je länger ich darüber nachdenke, desto erschreckender finde ich es. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie viele Frauen auf diese Weise in ihr Unglück gestürzt worden sind. Kein Wunder, dass in Regencyromanen immerzu Anstandsdamen, Gouvernanten, Zofen und Familienmitglieder um die jungen Damen herumwuseln, über jeden ihrer Schritte Bescheid wissen wollen und ihren Schützling (auf für uns Leser:innen köstlich nervtötende Weise) mit Argusaugen bewachen.

"»Glaubst du, dass es irgendwo eine Gesellschaft gibt, in der es Männern nicht möglich ist, Frauen so etwas anzutun?« […] »Ich weiß nicht«, sagte ihre Mutter schließlich. »Ich möchte es hoffen. Zumindest hoffe ich, dass es einmal eine geben wird.«"

Dass die wissbegierige, aufgeweckte Georgiana den im Klappentext erwähnten Antrag von Nicholas zunächst rigoros ablehnt, konnte ich komplett nachvollziehen. Objektiv betrachtet war es unklug, doch kann man ihr verdenken, dass sie sich für ihre Zukunft eine auf Liebe basierende Ehe erhofft hatte? - Kein Mitleid, keine Beziehung, in der sie das Gefühl haben müsste, zu ewiger Dankbarkeit verpflichtet zu sein, weil der gütige, ehrenwerte Herr das Opfer gebracht hat, die 'gefallene Frau' zu heiraten.

"Das konnte sie einfach nicht ertragen. Sie hatte überhaupt nichts falsch gemacht. Man sollte kein Mitleid mit ihr haben. Man sollte sie bewundern. Ein Mann hatte sie entführt. Entführt! Und sie war ihm entkommen. Warum war das kein Grund zum Feiern?"

Georgies Katzen waren ein weiteres Highlight für mich, speziell die Szenen mit ihrem Katerchen "Katzenkopf" fand ich herrlich amüsant.

Fazit: 5 begeisterte Sterne

Wundervoller, romantischer Regencyroman, erzählt in gewohnt meisterhafter, humorvoller Quinn'scher Manier. Hoffentlich wird diese talentierte Autorin noch unzählige weitere Bridgerton-Rokesby-Geschichten verfassen, ich freue mich schon jetzt auf jede einzelne davon.