Rezension

Zwischen den Fronten der Weltmächte

Wie Sterben geht -

Wie Sterben geht
von Andreas Pflüger

Bewertet mit 4.5 Sternen

Nina Winter arbeitet als Analystin beim BND am Schreibtisch. Doch dann macht ein Moskauer Top-Agent seine weitere Zusammenarbeit mit Deutschlandüberraschend davon abhängig, dass die unerfahrene Nina seine neue Führungsoffizierin wird. Nach kurzer, intensiver Schulung geht Nina nach Russland, doch auch die Gegenspionage weiß über ihre Tätigkeit Bescheid und sie gerät in das Visier brutaler sowjetischer Militärs. Wie kann Nina nicht nur ihr Leben, sondern auch das ihres Agenten und seines Sohnes, mit dem sie eine Liebesbeziehung verbindet, retten?

Der deutsche Krimi-Autor Andreas Pflüger begeistert nicht nur seine Fan-Gemeinde mit einem neuen, anspruchsvollen Polit-Thriller, der seine Leser*Innen in die 80er Jahre und die Zeit des Kalten Krieges entführt. Mit unglaublich viel Hintergrundwissen brilliert der Autor in überaus authentischen und detailreichen Schilderungen der einschlägigen deutschen und sowjetischen Organe und ihren Arbeitsweisen, ohne dabei seinen Plot aus den Augen zu verlieren. Wer von seinen Leser*Innen die Zeit kennt, wird viele Namen und Geschehnisse wiedererkennen, wer nicht, erfährt eine Menge Geschichtliches. Die zahlreichen Abkürzungen und russischen Ortsnamen störten mich keineswegs, sondern passten vollkommen in die Handlung.

Die Handlung war unglaublich spannend und ich fieberte mit allen Figuren mit. Gemeinsam mit der Hauptfigur wurde ich zwischen Vertrauen und Verrat, Hilfe und Schaden hin- und hergeschleudert und konnte den Fortgang einfach nur atemlos verfolgen. Obwohl das Ende scheinbar vorweggenommen war, konnte Pflüger schließlich nochmals mit einem dramatischen Ausgang punkten. Die Wechsel in den Zeiten bauten die Spannung zusätzlich auf und ich konnte den Thriller nicht mehr aus der Hand legen.

Die Figuren sind absolut mehrdimensional gezeichnet und authentisch und ich schwankte beim Lesen zwischen Sympathien und Antipathien und wurde dennoch mitgerissen von den Geschehnissen. Die sich anbahnende Liebesgeschichte war keinesfalls kitschig, sondern erhöhte die Dramatik weiter.

Andreas Pflüger besticht darüber hinaus mit einem anspruchsvollen Schreibstil; die Erzählung ist aufs Wesentliche konzentriert und dabei trotzdem anschaulich und sehr aussagekräftig - und trotz der großen Angst und Brutalität in der Handlung findet sich auch immer ein humoriges Augenzwinkern sowie Poesie bzw. Kunst.

Wenngleich ich auch lieber den Inhalt eines Buches bewerte als das Äußere, möchte ich hier ausnahmsweise auch das Cover lobend erwähnen, das die Glienicker Brücke Berlins abbildet, die eine entscheidende Rolle in der Handlung spielt, und den wunderschönen blauen Farbschnitt.

Wenn ich auch grundsätzlich kein Fan von Büchern bin, die die Zeit der machtpolitischen Rivalität zwischen den USA und der UdSSR zum Thema haben, konnte Andreas Pflüger mich mit "Wie Sterben geht" absolut überzeugen und dieses Buch gehört zu den besten, die ich in 2023 gelesen habe. Großartig!