Rezension

Roadtrip zur Selbstfindung - inspirierende Sommerlektüre mit etwas idealistischem Ende.

Immer am Meer entlang -

Immer am Meer entlang
von Franziska Jebens

Bewertet mit 4 Sternen

Josi, die an der Ostsee verwurzelt ist und mit ihren Eltern nach Süddeutschland gezogen ist, träumt seit ihrer Kindheit von einem Roadtrip- immer am Meer entlang. Der Traum wird an ihrem 30. Geburtstag wahr, als sie sich eine berufliche Auszeit nimmt. Ein Sabbatical im Bulli an der Küste Europas, nur sie selbst und eine Auszeit, um durchzuatmen und Gewissheit zu erhalten, wie es anschließend für Sie weitergehen soll.
Paul, der keine Freude mehr an seiner Arbeit empfindet und unter der Trennung seiner Verlobten leidet, entschließt sich nach einem inspirierenden Vortrag für einen Roadtrip. Er kündigt seinen Job, kauft sich einen Landrover und macht sich auf den Weg.

Der Roman ist in kurzen Kapiteln abwechselnd aus der Perspektive von Josi und Paul geschrieben, die sich zufällig auf ihrer ersten Station in Frankreich begegnen und nach einem holprigen Start schnell Sympathien für einander empfinden. Nach einem Zufall treffen sie sich im weiteren Verlauf gezielt wieder, um sich bei Problemen Hilfe zu leisten oder hinterlassen an bereisten Orten Botschaften für den anderen. Beide empfinden eine Sehnsucht für einander, möchten Kontakt jedoch auf einer freundschaftlichen Basis belassen, um ihre Ziele der Reise nicht aus den Augen zu verlieren, schließlich möchten sie sich ganz auf sich selbst konzentrieren.
Die Geschichte führt die/ den LeserIn über Frankreich nach Portugal, Spanien, Italien, Griechenland und bis zum vorläufigen Stopp in Schottland. Bekannte Sehenswürdigkeiten werden auf der Route abgeklappert, aber überwiegend bewegen sich die beiden, inspiriert von Einheimischen, mit denen sie leicht in Kontakt kommen, abseits der Touristenpfade.
Sie besinnen sich auf die einfachen Dinge, auf ein rustikales Leben, lernen kleinen Luxus zu schätzen und ohne blinden Aktionismus und Reizüberflutung in den Tag hineinzuleben. Mit dem Abstand von Zuhause, kommen sie sich selbst näher.
"Immer am Meer entlang" ist ein Reiseroman, bei dem man die Freiheit spürt und zusammen mit Josi und Paul Eindrücke von unterwegs sammelt: Natur, Flora und Fauna, die Mentalität der Einheimischen bis hin zu landestypischen Lebensmitteln und Gerichten.

Die Geschichte um einen Roadtrip zur Selbstfindung entwickelt sich nicht überraschend, sondern erwartungsgemäß. Es geht um die Verwirklichung eines Lebenstraums und die Überwindung eines Bore-outs, um innezuhalten, Kraft zu tanken und die Segel neu zusetzen. Die Liebesgeschichte ist hintergründig und entwickelt sich aufgrund der Zurückhaltung der Hauptfiguren, die es sich gegen Ende unnötig schwer machen, gemächlich.
Freundschaft spielt eine wichtige Rolle, denn sowohl Josi als auch Paul haben trotz ihrer Solo-Reise beständige Freunde an ihrer Seite, auf die sie zählen können sowie der Mut, seine Träume zu leben.

Weiterhin sind die Gegensätze sehr schön zu spüren, die eine solche abenteuerliche Reise begleiten: Entspannung und Anspannung, Wunsch nach Ruhe versus Einsamkeit, alleinige Verantwortung und befreiendes Abenteuer, Müdigkeit und Aufregung, Sehnsucht nach dem Vertrauten und Angst vor dem Alltag.

Die Geschichte ist unterhaltsam und inspirierend und die passende Lektüre für unterwegs und den Sommer, ohne großen Anspruch an eine tiefergehende Auseinandersetzung mit den Problemen der Protagonisten zu erheben. Das Ende ist dann vielleicht auch etwas idealistisch.