Rezension

Das Leben ist turbulent, aber immer aussichtsreich. - Unbekannt

Schwestern im Geiste -

Schwestern im Geiste
von Marie Pierre

Bewertet mit 5 Sternen

1911 Diedenhofen. Die turbulenten Ereignisse der vergangenen Monate haben dafür gesorgt, dass sich Pensionatsleiterin Pauline Martin und Hauptmann Erich von Pliesnitz angefreundet haben und sie durch ihn Rückhalt und Unterstützung bekommt. Zudem hat sie die irische Lehrerin Rhona O’Meally eingestellt, die die Schülerinnen neben Englischunterricht auch mit Informationen über ihr Heimatland versorgt und sich schnell großer Beliebtheit erfreut. Doch kaum hat sich ein normaler Tagesablauf eingependelt, kommt es im Pensionat nicht nur zu antisemitischen Äußerungen zwischen Schülerinnen, sondern auch zu Diebstählen. Dann wird eine preußische Kaserne mit Schmierereien versehen, was Wachtmeister Schrotherr auf den Plan ruft, der das Pensionat sowieso auf dem Kieker hat. Das ruft wiederum Hauptmann von Pliesnitz auf den Plan, aber auch Gärtner Vincent springt Pauline bei. Und dann ist da noch Rhona, die ein Geheimnis zu haben scheint…

Marie Pierre alias Marie W. Peter hat mit „Schwestern im Geiste“ den zweiten Teil ihrer Pensionatstrilogie vorgelegt, der dem ersten in punkto Unterhaltung, historischem Hintergrund, spannender Handlung sowie wundervollen Charakteren in nichts nachsteht. Der flüssige, bildhafte und fesselnde Erzählstil beamt den Leser sofort zurück ins 20. Jahrhundert, wo er sich im Pensionat unter die Schülerinnen mischt und immer wieder an der Seite von Pauline landet, um deren Handeln genau zu verfolgen. Pauline atmet nach den letzten Ereignissen auf, doch ihr bleibt nur eine kurze Verschnaufpause, denn nicht nur die neue irische Lehrerin bringt neuen Schwung in den Lehralltag, sondern auch die Schülerinnen unterschiedlicher Herkunft und Religion tragen so manchen Disput auf die Spitze. Sowohl Diebstähle im Pensionat als auch Schmierereien an einer preußischen Kaserne bringen die Polizei ins Haus, so dass Hilfe von Seiten Hauptmann von Pliesnitz von Nöten ist. Pauine hat alle Hände voll zu tun, um ihre Schülerinnen, vor allem Charlotte, zur Raison und gleichzeitig die aufwallenden Gefühle für den Hauptmann unter Kontrolle zu bringen. Die Autorin hat den historischen Hintergrund akribisch recherchiert und verknüpft die gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten wunderbar mit den Geschehnissen rund um die Schule für höhere Töchter. Dabei lüftet sie gekonnt nach und nach das Geheimnis um Rhona. Dem Leser rinnen die Seiten nur so durch die Finger bei dieser durchweg spannenden Handlung, die ihm ein tolles Kopfkino beschert.

Die Charaktere sind lebendig in Szene gesetzt und glaubwürdig mit menschlichen Ecken und Kanten versehen. Der Leser klebt regelrecht an ihren Fersen, um nichts zu verpassen. Pauline ist eine engagierte Frau, die sich durchzusetzen weiß. Sie liebt ihre Arbeit, behält auch bei schwierigen Situationen die Contenance und hat ein gutes Gespür für Menschen. Hauptmann von Pliesnitz ist ein wirklicher Freund und Vertrauter, der zwar mit preußischer Gründlichkeit vorgeht, sich aber nicht aus der Ruhe bringen lässt. Rhona kann die Schülerinnen zwar begeistern, jedoch wirkt sie oftmals düster und radikal, wenn nicht sogar unehrlich. Polizist Schrotherr ist ein unangenehmer Wichtigtuer, der sehr auf seiner Meinung beharrt. Charlotte ist eine Teufelin, die anderen das Leben zur Hölle macht, damit sie sich besser fühlt. Aber auch Vincent, Esther sowie weitere Protagonisten tragen zur Lebhaftigkeit der Handlung bei.

Mit „Schwestern im Geiste“ ist eine wunderbare Fortsetzung gelungen. Den Leser erwartet eine spannende und atmosphärisch-dichte Handlung vor historischem Hintergrund. Starke Protagonisten schleichen sich schnell ins Leserherz, während dieser mit einem fesselnden Kopfkino bei der Lektüre zusätzlich belohnt wird. Absolute Leseempfehlung für einen Pageturner der Extraklasse, einfach toll!