Rezension

Spannung bis zur letzten Seite

Bald ruhest du auch - Wiebke Lorenz

Bald ruhest du auch
von Wiebke Lorenz

Bewertet mit 5 Sternen

Wie durch ein Wunder sitzt Lena nicht mehr im Auto ihres Mannes, als er tödlich verunglückt. Sie ist im 8. Monat schwanger und kann es nicht fassen, dass ihre kleine Familie so schnell zerstört wurde, aber sie muss leben, leben für ein Kind, das noch nicht geboren ist und das das letzte ist, was ihr von ihrem Mann noch geblieben ist.
Sie ist überglücklich, als ihr Kind nach einer Notoperation gesund zur Welt kommt. Fortan will sie nur noch für Emma da sein, ihr Mutter und Vater sein. Der Schreck sitzt tief, als eines Tages, Emma ist gerade 4 Wochen alt, das Kind aus der Wiege entführt wird.
Welcher kranke Mensch entführt ein Baby? Es gibt keine Geldforderung, aber andere Anweisungen erhält sie, die auf ein perfides Spiel des Entführers hinweisen.
Menschen sterben und die letzte Forderung des Entführers lautet, töte dich selbst, sonst stirbt deine Tochter.
Lena ist wie gelähmt...

Schlimm genug, dass Lenas Mann bei einem Autounfall tödlich verunglückte, nun hat man auch noch ihre geliebte Tochter Emma entführt. Wer kann das getan haben, wer hat solchen Hass auf sie, dass man ihr das Liebste nimmt, was sie hat?
Jemand will Rache, aber Rache wofür? Lena ist Hebamme und hatte kürzlich erst einen plötzlichen Kindstod in einer Familie, die sie noch nach der Geburt betreute. Sinnen diese Eltern auf Rache, wollen ihr nehmen, was ihnen selbst genommen wurde?
Ist vielleicht Josy, die Tochter ihres Mannes aus erster Ehe, an der Entführung beteiligt? Sie hat ihr bei der Beerdigung auf dem Friedhof eine Szene gemacht, dass sie Schuld am Tod ihres Vaters wäre.
Lena versucht herauszubekommen, wer ihr Kind entführt haben könnte. Sie darf niemanden einweihen, keine Polizei, keine Freunde, nicht einmal ihrer Schwiegermutter darf sie etwas sagen. Sie steht allein da, kann niemanden um Rat oder Hilfe bitten.
Es ergeben sich immer wieder neue Verdachtsmomente, sie weiß nicht mehr, wem sie überhaupt noch trauen kann.

Wiebke Lorenz hat einen Thriller geschrieben, der unter die Haut geht. Lange hat mich ein Thriller nicht mehr so gefangen genommen wie dieser.
Allein schon der Prolog lässt einem das Blut in den Adern gefrieren. Die Nachricht, töte dich, oder dein Kind stirbt, kann einen nicht ruhig lassen. Es bewegt, eine Entscheidung ist zu treffen, die niemand treffen möchte. Wer garantiert, dass das Kind wirklich leben darf, wenn sie sich getötet hat?

Lena hat nur eine Wahl, sie muss den Absender dieser obskuren Nachrichten finden, muss finden, wer sie so hasst, dass er selbst vor Mord an einem Baby nicht zurückschreckt.

Im Laufe der Geschichte wird dem Leser erzählt, wie Lena ihren Mann kennenlernte, so dass ein lückenloses Bild der Beziehung entsteht. Man erfährt von ein paar Ungereimtheiten, die im Raum stehen bleiben und über die man selbst nachdenkt.

Wiebke Lorenz fordert den Leser. Sicher macht man sich seine eigenen Gedanken, wie die Zusammenhänge sein könnten. Man stellt Vermutungen an, muss diese jedoch wieder revidieren. Ich hatte im Hinterkopf immer eine Idee, von der ich mich jedoch ebenfalls verabschieden musste, so dass die Spannung weiter anstieg. Ich wollte wissen, welche Zusammenhänge es gibt, aber die tun sich erst nach und nach auf. Das Buch aus der Hand legen, ging fast gar nicht. Es hat mich so gepackt, dass ich mehr als einmal mit fliegenden Fahnen aus der S-Bahn gestürzt bin, weil ich verpeilt hatte, dass ich schon am Ziel bin.
Der Spannungsbogen, den Wiebke Lorenz gleich zu Beginn aufbaut, geht stetig nach oben. Wenn man an dem Punkt angelangt ist, dass nun alles gesagt ist und man alle Hintergründe weiß, haut sie doch glatt auf die letzte Minute noch eins drauf.

Es ist ein Buch, dem man sich nicht entziehen kann, hat man es einmal begonnen. 
Mich hat die Protagonistin angesprochen, ich habe förmlich mit ihr gelitten, verzweifelt ihr Kind gesucht und mit ihr gemeinsam immer wieder Hoffnung auf ein gutes Ende gehabt.
Das ganze Buch ist ein einziger Albtraum, aber man hat die Gewissheit, dass es nur ein Buch ist. Diese Realität wünscht man niemandem. Wiebke Lorenz ist es gelungen, dass man als Leser diesen Albtraum miterleben darf, Nervenkitzel ist vorprogrammiert.

Das ist ein Thriller, den ich uneingeschränkt weiterempfehle.