Rezension

Romeo und Julia auf Sächsisch

Romeo und Romy - Andreas Izquierdo

Romeo und Romy
von Andreas Izquierdo

Klappentext:
Romy könnte eine große Schauspielerin sein, aber niemand sieht sie, denn sie ist nur die Souffleuse. Aber auch das nicht lange, denn nach einem harmlosen Flirt mit Hauptdarsteller Ben, dessen einzige schauspielerische Glanzleistung sein Auftritt als 'Frischedoktor' in einem Waschmittelspot ist, wird sie gefeuert. Und Ben kurz nach ihr. Romy kehrt zurück in ihr winziges Dorf, um dort ihr Erbe anzutreten. Hier leben nur noch Alte. Und die haben sich in den Kopf gesetzt, rasch das Zeitliche zu segnen, denn auf dem Friedhof sind nur noch zwei Plätze frei. Wer da zu spät kommt, muss auf den Friedhof ins Nachbardorf. Und da gibt es – wie jeder weiß – nur Idioten. Romy schmiedet einen tollkühnen Plan: Sie will mit den Alten ein elisabethanisches Theater bauen. Aus der gammeligen Scheune hinter ihrem Hof. Und mit ihnen Romeo und Julia auf die Bühne bringen. Sie haben kein Geld, keine Erfahrung, aber einen Star: Der 'Frischedoktor' soll Regie führen! Ben ist begeistert: Regisseur! Das könnte unter Umständen der erste Job werden, den er nicht voll gegen die Wand fährt. Bestsellerautor Andreas Izquierdo (Das Glücksbüro, Der Club der Traumtänzer) erzählt in seinem neuen Roman Romeo & Romy, wie ein Mauerblümchen seine Schüchternheit überwindet, gegen alle Widerstände seinem Traum folgt und damit nicht nur ein ganzes Dorf zu neuem Leben erweckt, sondern auch die große Liebe und eine Heimat findet.

Der Autor:
Andreas Izquierdo, geboren 1968, ist Schriftsteller und Drehbuchautor. Er veröffentlichte u. a. den Roman König von Albanien (2007), der mit dem Sir-Walter-Scott-Preis für den besten historischen Roman des Jahres ausgezeichnet wurde, sowie den Roman Apocalypsia (2010), der den Lovelybooks-Leserpreis in Silber für das beste Buch 2010 erhielt und zum Buch des Jahres bei Vorab-lesen.de gewählt wurde. Zuletzt erschienen von ihm die Bestseller Das Glücksbüro (2013) und Der Club der Traumtänzer (2014).

Meine Meinung:
Romy wäre gern Schauspielerin, sie ist jedoch nur eine Souffleuse. Und bald eine arbeitslose noch dazu. Völlig ohne Perspektive und auch um sich ihre Wunden zu lecken, zieht sie sich in das Haus ihrer Großmutter Lene zurück, die erst kürzlich verstorben ist. In Großzerlitsch, einem erzgebirgischen Dörfchen, drehen sich die Uhren mehr als langsam. Die alten Bewohner freuen sich, dass Romy wieder da ist, denn sie kennen sie, seitdem sie auf der Welt ist. Doch kaum angekommen, muss sie erkennen, dass nur noch zwei Plätze auf dem hiesigen Friedhof frei sind, und die wollen die Alten unbedingt für sich beanspruchen. So kommt es, dass Bertram immer wieder dem Tschechen Emil, der die Leute mit wichtigen Lebensmitteln versorgt, vor den Supermarktbomber springt, oder dass sich Hilde verdächtig weit aus dem Fenster lehnt, um diese zu putzen.
Romy hat plötzlich eine Idee: Sie möchte ihre Scheune zu einem elisabethanischen Theater ausbauen und Romeo und Julia aufführen. Nicht nur, um die Alten davon abzulenken, irgendetwas Lebensmüdes zu tun, sondern auch, um ein Projekt auf die Beine zu stellen, in dem sie sich selbst verwirklichen kann. Sie wird schließlich bald 25, und wann sollte man sich besser so einen Wünsch erfüllen, als wenn man jung ist? Wobei, so wie die Dorfbewohner noch einmal im zweiten Frühling ihres Lebens schwelgen, spürt man, dass es für Träume niemals zu spät ist. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Das Theater muss ja finanziert werden, und die Alten sind nicht immer Romys Meinung, haben auch ihre (Stur) Köpfe, und das ist auch gut so.
Um den Bau und das Theaterspiel weiter schmackhaft zu machen, engagiert Romy Ben, der als "Frischedoktor" in einer Waschmittelwerbung für Furore sorgte, und zusammen mit ihr entlassen wurde. Er ist der Trumpf im Ärmel, den sie auch für sich gern ausspielt - auch wenn er ein Schürzenjäger ist und gern einen über den Durst trinkt. Aber Ben hat etwas an sich, das sie anzieht, ohne dass sie es zugeben würde.
Aus dieser Situation entspinnt sich eine feinsinnige, herzerwärmende und emotionale Geschichte, die mit Leichtigkeit, Wortwitz und einer Menge wundervoller Dialoge gespickt ist.

"Romeo und Romy" ist eine Ode an das Erzgebirge und seine Bewohner, die eigen und mit vortrefflichen Beobachtungen geschildert ist. Ich musste mehrmals herzhaft lachen, so herrlich humorvoll und voller Wärme wurde Romys neues Leben in Großzerlitsch erzählt. Ich mochte sie sehr. Nun, man könnte meinen, sie sollte ihr Geld doch für etwas anderes verpulvern, als ein Theater in der Einöde aufzumachen, aber gerade das fand ich so erfrischend. Sie hat sich ihren Traum erfüllt, den Alten damit eine Beschäftigung gegeben und gezeigt, dass Zusammenhalt vieles vermag.

Die Liebesgeschichte war nicht im Vordergrund präsent, die Handlung lebte er eher von den Dorfbewohnern und ihren liebenswerten Macken, der Vergangenheit von Romy und dem Bau des Theaters. Das hat mir wirklich gut gefallen. Und so mischen auch Tschechen und Russen mit. Wenn schon, denn schon.
Und die Dialoge! Einfach nur großartig! Wer sich da nicht amüsiert, geht zum Lachen in den Keller. Dazu noch die sächsische Mundart: Römeö und Jülia...da bleibt kein Auge trocken. Wobei, Andreas Izquierdo hat die Menschen als freundlich und liebenswert hingestellt, was dieser Schlag Menschen auch ist. Er lässt den Dialekt aufleben, ohne ihn durch den Kakao zu ziehen. Das fand ich toll.

Überhaupt hat mir der Schreibstil unheimlich gut gefallen, auch was alles in der Geschichte passierte, war abwechslungsreich und an manchen Stellen überraschend. Aber auch dramatisch und traurig geht es zu.

"Romeo und Romy" ist ein Roman, der aus dem Leben von Menschen erzählt, die noch einmal etwas wagen, sich durch eine junge Frau mitreißen lassen, die sich selbst auch beweisen möchte, was in ihr steckt.
Sehr gelungen!

5 Sterne.