Rezension

7 Träumer gegen die Welt

Diebe der Nacht - Thilo Corzilius

Diebe der Nacht
von Thilo Corzilius

Bewertet mit 3.5 Sternen

Drei Faktoren verbindet sieben fahrende Schauspieler, Akrobaten, Kämpfer, Chemisten und Mechanisten zusammen: Sie sind alle auf ihre Weise talentiert, lieben das Theater und stehlen um ihr Leben gerne. Gemeinsam leben die „Herbstgänger“ ihren Traum: Sie sind begnadete Schauspieler bei Tag - und erfolgreiche Diebe in der Nacht. 

Mit einem mechanischen Theater im Gepäck reisen sie schließlich auch nach Mosmerano. Ihr Ziel: Ein Gemälde stehlen und zu Geld machen, das es eigentlich gar nicht gibt! Doch während anfangs alles wie geplant läuft, überschlagen sich schließlich die Ereignisse, als die Herbstgänger von einem Schatten aus der Vergangenheit heimgesucht werden und sich plötzlich mit niederträchtigen Magiern, mysteriösen Technologien und einer uralten Geheimorganisation konfrontiert sehen. 

Ein gefährlicher Drahtseilakt zwischen dem geplanten Raub, dem Drang nach Vergeltung und intriganten Adeligen beginnt, bei dem die Herbstgänger nicht nur ihr ergaunertes Geld und ihr Leben verlieren könnten, sondern auch ihre Träume…

Ich war schon immer ein Fan des „Heist Genres“ und musste beim Lesen der Beschreibung direkt an Leigh Bardugos „Lied der Krähe“ denken, das zu meinen Lieblingsbüchern zählt. Allerdings unterscheidet sich „Diebe der Nacht“ besonders durch die Figuren davon – die Hauptfigur Glin Melisma ist grundsätzlich kein skrupelloser, von Rache getriebener Charakter. Er ist liebevoll und tiefgreifend gezeichnet und hat z.T. größere Schwächen, die ihn trotz seinem Geniesein nahbar machen. Anfangs plant und stiehlt er aus Freude an der Sache (diese Pläne mitzuerleben macht immer großen Spaß) und versucht, niemanden zu verletzen. Seine Familie der Herbstgänger liebt und beschützt er, so gut er kann. Dennoch werden wir im Laufe der Geschichte zeuge davon, wie sich seine gewohnte Welt Stückchenweise auflöst und ihn mit einem brennenden Verlangen nach Rache hinterlässt. Sein Charakter wandelt sich dementsprechend allmählich – dennoch wird er langsam vom Agieren zum Reagieren gezwungen. Gleichzeitig fiebert man – auch aufgrund des hassenswert geschriebenen Bösewichts und der unglücklichen Umstände – mit Glin mit. 

 

Auch alle anderen Charaktere heben sich gut voneinander ab und sind alle je nach Stellwert mehr oder weniger vielschichtig. Der Hauptcast bekommt aber durchgehend über zwischen den Kapiteln eingestreute Rückblicke immer mehr Tiefe. 

Was den Hauptgrund, weswegen ich das Buch begonnen habe, nämlich die Pläne und Einbrüche angeht, bewegt sich diese Geschichte allerdings trotz guter Figuren „nur“ im leicht überdurchschnittlichen Bereich. Es gab allgemein kaum unvorhergesehene Wendungen o.ä., die mich aus den Socken gehauen haben. Viele der Ideen, Einbrüche usw. basieren auf den immer gleichen Mitteln wie z.B. Erpressung, Bestechung oder Magie. 

Allerdings fand ich besonders den Einschlag in den Steampunk über die Mechanisten und die Möglichkeiten, die deren Maschinen baten erfrischend. Besonders der durchgehend hin und wieder eingestreute Fokus auf Glins mechanische Grille Schönheit und die damit verbundenen Geheimnisse haben mir gut gefallen. 

Spannungstechnisch hat „Diebe der Nacht“ viel zu bieten: Anfangs gibt es zahlreiche kleinere Zeitsprünge, die die Geschichte insgesamt dichter und ereignisreicher machen. Das Buch verfolgt einen durchgehenden roten Faden und zum Ende hin konnte ich es ob der Geheimnisse und offenen Fragen gar nicht mehr aus der Hand legen. 

Das Ende ist halbabgerundet mit einem unterschwelligen Hinweis darauf, was wir im Nächsten Band alles zu erwarten haben. 

Alles in allem ist „Diebe der Nacht“ ein durchaus lesenswertes Buch. Seine Funktion als Setup für eine Reihe erfüllt das Buch exzellent (ich werde mir den 2. Band auf jeden Fall zulegen) und sorgt für einige spannende und unterhaltsame Lesestunden. Was jedoch die eigentlichen Diebstähle und Einbrüche angeht, war ich dann doch leider eher enttäuscht und ziehe deshalb eineinhalb Sterne ab.