Rezension

Absolut gelungener und lesenswerter historischer Roman

Der Architekt des Sultans - Elif Shafak

Der Architekt des Sultans
von Elif Shafak

Bewertet mit 4.5 Sternen

Jahan gerät auf der Flucht vor seinem grausamen Stiefvater als Tierbändiger verkleidet, in die Menagerie des Sultans. Der Kapitän des Schiffes, das ihn aus seinem anatolischen Dorf nach Istanbul gebracht hat, verlangt für seine Hilfe eine gefährliche Gegenleistung. Jahan soll im Sultanspalast ganz nah an die Schätze gelangen und wertvollen Tand für den Kapitän stehlen.
Den Elefanten Chota, dessen Geburt er mit erlebt hat, hat auf der Überfahrt sehr gelitten und ist halb tot, als sie in Istanbul ankommen. Doch Jahan kümmert sich hingebungsvoll um das Tier und pflegt es wieder gesund. Beide sind unzertrennlich und so arbeitet Jahan als Elefantenpfleger in der Menagerie. Bei einem der vielen Festlichkeiten tritt er mit Chota auf, um zur Belustigung des Sultan beizutragen und trifft dort auf Meister Sinan, den bedeutungsvollen Hofarchitekten. Es kommt dazu, dass Sinan den Elefantenführer als seinen Schüler annimmt, als er sein Talent entdeckt. Fortan arbeit Jahan mit Meister Sinan zusammen. Nebenberuflich sozusagen, denn die Aufgabe Chota weiter zu betreuen und dem Sultan mit dem Elefanten zu Diensten zu sein, bleibt ihm erhalten.
Jahan und Chota erregen auch die Aufmerksamkeit der Prinzessin Mihrimah, in die sich Jahan aufgrund der Klassenunterschiede unglücklich verliebt. Nur Chota und der Architektur bleibt er stets verbunden und seinem Meister Sinan treu ergeben. Die Zeit im Palast ist für Jahan mit vielen Abenteuern verbunden und nicht immer sind ihm alle Menschen wohlgesonnen.
Elif Shafak hat in ihrem Buch Fiktion und tatsächliche historische Ereignisse meisterhaft miteinander verbunden und es geschafft, die mittelalterliche Stimmung des osmanischen Reiches authentisch aufleben zu lassen. Das Buch fesselt am Anfang und Ende ganz besonders, da hier Spannungsbogen und Erzählkunst gut harmonieren. Der mittlere Teil zeigt leider einige Schwächen, die das Buch etwas zähflüssig erscheinen lassen. Die Ideen für die weitere Handlung sind stets gut durchdacht, aber es fehlt entschieden an Dramatik. An den Stellen, an denen das Geschehen richtig ausgeschmückt werden könnte, plätschern die Szenen nur dahin und werden manchmal mit weniger als fünf Sätzen abrupt zum Ende gebracht, was ich persönlich als sehr schade empfunden habe.
Trotzdem haben mich Jahan, Chota und Meister Sinan sehr fasziniert zurückgelassen. Alles in Allem ist Elif Shafaks Werk aber ein gelungener und lesenswerter historischer Roman, der lehrreich den Alltag eines Palastes wiederspiegelt und in den Hintergrund getretenes Allgemeinwissen des Lesers über die bedeutendsten Bauwerke des Morgenlandes wieder hervorbringt und auffrischt.