Rezension

Altlasten

Flüchtiges Glück -

Flüchtiges Glück
von Ulla Mothes

Bewertet mit 4 Sternen

Milla ist eine glückliche junge Frau, die in Berlin lebt und deren Glück vollkommen scheint, als sie merkt, dass sie schwanger ist. Ihr afghanischer Freund Navid trägt sie auf Händen, und natürlich möchte er sie auch gerne heiraten. Allerdings spürt er, dass es in der Familie Geheimnisse gibt, die seiner Meinung nach vor einer Hochzeit noch geklärt werden sollten, damit die nachfolgenden Generationen nicht damit belastet werden. 

Er drängt Milla herauszufinden, wer ihr Vater ist, denn diesen kann oder will ihr ihre Mutter Jola nicht offenbaren. Milla vermisst ihren Erzeuger eigentlich nicht. Sie ist geliebt und behütet worden und mit gleich 2 Vätern, dem schwulen Pärchen nämlich, mit dem ihre Mutter seit ihrer Geburt in einer WG lebt, aufgewachsen. 

Dennoch hängt ein Schatten über Familie, der mit der DDR Vergangenheit ihrer Mutter und ihren Großeltern zusammenhängt und deren Flucht in den Westen.

Ulla Mothes schreibt bewegend und emotional über eine Familie, die von einem Tag auf den anderen ihr Zuhause zurücklässt, um in den Westen zu fliehen und über zurückgelassene Freunde, Nachbarn, Arbeitskollegen und deren Schicksal nach der Wende, dass betroffen macht. Wenn wir uns aus westlicher Perspektive das marode System DDR angeschaut haben, die unglaubliche Umweltschmutzung, die Arbeitsbedingungen unter denen die Menschen arbeiten mussten und tagtäglich ihre Gesundheit riskiert haben, denkt man sich natürlich, dass der Abbau der Chemieanlagen ein Segen war, aber es gibt natürlich auch die andere Seite der Medaille. Ich finde es immer sehr spannend über die DDR zu lesen, da ich selbst keinerlei familiäre Kontakte in den Osten Deutschlands habe und entsprechend viele Wissenslücken. Die Autorin wechselt stetig von der Jetztperspektive in die Vergangenheit, was ihr gut gelungen ist. Mir hat die Geschichte wirklich gut gefallen und ich habe auch einiges dazu gelernt. Die Protagonisten hatten ihre Ecken und Kanten und wirkten sehr authentisch auf mich. Lediglich Navid habe ich als sehr aufdringlich empfunden und mochte ihn über weite Strecken des Buchs nicht besonders, auch wenn er letztendlich natürlich Recht hatte, dass es besser ist, wenn es keine „Altlasten“ in Form von Familiengeheimnissen gibt.

Ich fand den Roman sehr lesenswert und empfehle ihn gerne weiter.