Rezension

Anstrengende Nervenprobe statt Fantasy-Highlight

Das Erbe der Macht - Die komplette Schattenchronik im Schuber - Andreas Suchanek

Das Erbe der Macht - Die komplette Schattenchronik im Schuber
von Andreas Suchanek

Bewertet mit 2 Sternen

Statt dem erwarteten Fantasy-Epos bekommt man hier eine vorhersehbare Geschichte mit auffällig vielen Parallelen zu HP und nervigen Protas.

Vielen lieben Dank an den Verlag und NetGalley.de für das Rezensionsexemplar!
Die Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

 

Aufmachung:
Sowohl die Cover der eBox als auch die Cover der zwölf Einzelbände gefallen mir sehr gut! Sie sind allesamt in einer unterschiedlichen Farbe gehalten, die jeweils auf die Essenzfarben der Protagonisten anspielen. Im Zentrum des Covers ist immer ein Gegenstand zu sehen, der im Buch eine wichtige Rolle spielen wird. Darauf nimmt auch der Titel Bezug.

Auch der Gesamttitel Die Schattenchronik passt ebenso gut zu dieser Chronik – schließlich geht es die ganze Zeit um die Schattenfrau.

Die Aufmachung gefällt mir also gut.

 

Meine Meinung:

Die Begeisterung, die ich fürs Cover habe, kann ich für den Inhalt leider nicht aufbringen. Ich habe mich sehr auf diese Geschichte gefreut, weil sie im Internet ja sehr begeistert beworben wird.

Allerdings verstehe ich den Hype nicht so ganz. Im Gegenteil: Ich bin sogar erleichtert, dass ich die Schattenchronik jetzt endlich abgeschlossen habe.

Aber fangen wir langsam an.

 

Es gibt durchaus gute Teile der Schattenchronik. So fand ich die Idee, die hinter der Geschichte steckt, nämlich gar nicht mal so schlecht. Unsterbliche als „Anführer“ von Magiern, die in einer Art Geheimgesellschaft leben und die Nichtmagischen dieser Erde vor Gefahren schützen wollen, dazu die Rivalität zwischen Licht- und Schattenkämpfern und das Rätsel um den Wall, gepaart mit uralten Geheimnissen „des Anbeginns“ – welcher Fantasy-Fan wird da nicht neugierig?

Zudem sind die Unsterblichen allesamt bedeutende Personen aus unserer Zeitgeschichte, wie bspw. Leonardo da Vinci, Johanna von Orléans, der Graf von Saint Germain, Einstein oder Thomas Eddison, nur um mal ein paar zu nennen. Aber auch bekannte fiktive Figuren, wie Crowley oder Moriarty haben hier wichtige Rollen. Das hat mir sehr gut gefallen; diese Idee ist mir so noch nicht untergekommen. Auch wenn einige dieser Unsterblichen (insb. da Vinci) sich nicht so verhalten haben, wie ich sie mir vorgestellt habe, ist ihre Einbindung in die Schattenchronik ein nettes Gimmick, das einen anfangs durchaus schmunzeln lässt.

 

Allerdings – und ab hier muss ich die Schattenchronik leider kritisieren – ist diese Geschichte die meiste Zeit doch eher ein anstrengendes Leseerlebnis.

Zum Einen fallen sehr viele Parallelen zu anderen Zauberergeschichten, allen voran Harry Potter, auf, die nicht bloß wie eine harmlose Hommage wirken, sondern (entschuldigt bitte jetzt meine drastische Wortwahl) fast schon wie eine leicht veränderte Kopie. Das beste Beispiel: Wir alle kennen den Zauberspruch Accio; hier lautet derselbe Zauberspruch Apportate. Nicht nur, dass einfach ein anderes lateinisches Wort mit dem gleichen Sinngehalt gewählt wurde, er funktioniert auch auf die gleiche Weise wie bei Harry Potter: Man spricht einfach den Zauberspruch und nennt im Anschluss den Gegenstand, der zu einem kommen soll, bspw. „Apportate Essenzstab“.

Ein anderes Beispiel: Die normalen Menschen werden hier von den Zauberern ebenfalls anders bezeichnet, zwar nicht als Muggel, sondern als Nimags, aber das Prinzip ist das Gleiche. Das waren nur zwei Beispiele, dieses „Deja vu“ hatte ich sehr oft.

Natürlich ist mir bewusst, dass es gerade bei Zauberergeschichten neben dem Giganten Harry Potter außerordentlich schwierig ist, sich etwas Neues auszudenken, und die eine oder andere Hommage in einer solchen Geschichte ist sicherlich auch etwas Schönes, aber wenn die Parallelen so evident und häufig sind, dass es schon nicht mehr eine bloße Anspielung ist, kann ich daran keine Freude finden. Insbesondere, da Harry Potter eine Geschichte ist, die mittlerweile ausnahmslos jeder kennt.

 

Hinzu kommt, dass die Charaktere von einem Drama zum nächsten hoppen, ohne dass man als Leser wirklich das Gefühl hat, dass sie das Trauma, das sie zweifellos erlebt haben, auch mal tatsächlich verarbeiten müssen. Ich bin ein wohlbehüteter Einsiedler, mir ist im Leben zum Glück noch nichts Schlimmeres passiert, daher weiß ich nicht, wie man mit einer Situation umgeht, in der das eigene Leben oder das der Liebsten aufs Äußerste gefährdet ist oder in der es sogar zum Schlimmsten kommt, aber ich denke schon, dass man zumindest einige Zeit braucht, um das zu verarbeiten.

Das passiert hier jedenfalls nicht, selbst nicht, als zu Beginn der beste Freund der Protagonisten verstirbt. Stattdessen wird sich über das neue Teammitglied gefreut (bzw. aufgeregt). Der Verstorbene wird zwar immer mal wieder erwähnt, aber das Verhalten der Protagonisten insgesamt finde ich unangemessen.

Das macht sich überdies auch deutlich darin, dass sie vor jeder wichtigen, gefährlichen Mission die Zeit und die Nerven haben, herumzualbern und Späße zu machen. Natürlich gehören auch solche lockeren Szenen in gute Geschichten, aber wenn das Leben der Figuren auf dem Spiel steht und gefühlt jede Sekunde zählt, finde ich es befremdlich, wenn sie sich unmittelbar davor die Zeit nehmen, sich gegenseitig zu kitzeln.

Dann kann die ganze Situation ja gar nicht so gefährlich sein, wie behauptet wird. Unterstrichen wird dieser Eindruck im Übrigen davon, dass die „Guten“ immer mit dem Leben davonkommen oder zumindest nicht dauerhaft tot bleiben. Beides nimmt enorm die Spannung und macht die Handlung sehr vorhersehbar.

 

Auch die Protagonisten selbst passen ins Schema X (was zur Vorhersehbarkeit beiträgt); sie zeichnen sich nicht durch besondere Charakterzüge aus, sondern sind mit beliebigen YA-Protagonisten austauschbar. Wir hätten da zum Beispiel die besonnene Anführerin, die aber ein dunkles Geheimnis hat, den Neuen, der nur Späße macht, aber ein ebenso dunkles Geheimnis und dazu noch ungeahnte Fähigkeiten hat, den Muskelprotz, der eine dunkle Erinnerung mit sich herumträgt, seinen Zwillingsbruder und dessen Freund, der ebenfalls Dunkles erlebt, die Rebellin, die eigentlich gar keine ist und auch von ihrer Vergangenheit geplagt wird, und die Nette, Schlaue mit der fiesen Familie, die nie genug ist. Fällt was auf?

Ich konnte jedenfalls mit keinem von ihnen wirklich warmwerden und ihre Kabbeleien fand ich nicht unterhaltsam, sondern nur nervig.

Die Schattenchronik endet mit einem dunklen Geheimnis eines der Protagonisten, das mehr oder weniger aufgelöst wird und vermutlich neugierig auf den zweiten Zyklus machen soll, aber ich bin ehrlich froh, dass ich die Fünf los bin.

 

Fazit:

Tja, also, ich habe mich, wie gesagt sehr auf die Schattenchronik gefreut, da sie ja doch überaus beliebt bei ihren Lesern ist. Aber obwohl die Geschichte durchaus Potenzial hat, konnte sie mich nicht abholen.

Die Parallelen zu anderen Zauberergeschichten haben in meinen Augen den Zauber dieser Geschichte weggenommen – übrig bleibt der fade Beigeschmack einer Kopie. Dazu sind die Protagonisten nicht nur austauschbar, sondern auch unsympathisch und ihr oft unpassendes Verhalten ist für mich absolut nicht nachvollziehbar.

Insgesamt ist die Schattenchronik zudem vorhersehbar und anstrengend, statt spannend. Am liebsten hätte ich die Geschichte sogar abgebrochen, lediglich mein Ehrgeiz und die Hoffnung, dass sich doch alles noch einpendelt, haben mich weiterlesen lassen. Man merkt zwar einen leichten Qualitätsanstieg zum Ende, aber im Großen und Ganzen wendet sich die Schattenchronik leider nicht zum Guten. Ich bin froh, dass es vorbei ist, und den zweiten Zyklus der Chronik werde ich mir nicht antun.

2/5 Lesehasen.