Rezension

Auf der Suche nach dem neuen Leben

Der Moment zwischen den Zeiten - Marta Orriols

Der Moment zwischen den Zeiten
von Marta Orriols

Kurz nachdem Mauro seiner Lebensgefährtin Paula eröffnet hat, dass er sie wegen einer neuen Liebe verlässt, verunglückt er tödlich. In diesem Buch erzählt Paula von ihrer Trauer, der Wut und ihrer Suche nach der Zukunft. Während die meisten Menschen ihrer Umgebung in ihr die Witwe sehen, erstarrt sie im doppelten Verlust.
Zu Beginn erscheint die Neonatologin, die in ihrem Beruf gegen den Tod von Frühgeborenen ankämpft, erstaunlich kühl. Man merkt, dass sie den Verlust gar nicht an sich heranlassen kann und will. Erst die Bemerkungen ihrer Arbeitskollegen und Freunde verdeutlichen ihr Leid: Paula wird immer dünner, kann kaum noch schlafen und lässt die Pflanzen, die Mauro immer so liebevoll umsorgt hat, kümmerlich vertrocknen.

„Kein Schmerz ist wie der andere. Ein Vater fühlt anders als eine Schwester, und eine Ehefrau wiederum anders als eine Frau, die ein paar Stunden zuvor verlassen worden ist“ (Seite 84). Paula, die schon früh ihre Mutter verloren hat, wuchs allein mit ihrem Vater auf. Dem fiel es sehr schwer, seine Emotionen zu zeigen. Nachdem sie mit 42 Jahren selbst so einen schweren Verlust erlitten hat, kümmert er sich rührend um die Tochter. Indem er sie unterstützt, scheint er die eigene Trauer noch einmal zu durchleben.

Abschalten kann Paula noch am ehesten, wenn sie mit den Kindern ihrer Freundin zu tun hat: „Wenn ich mit Lídias Mädchen zusammen bin, spüre ich oft, dass sie mir, ohne eine Gegenleistung zu erwarten, eine große Dosis unschuldiges Glück bescheren, und womöglich gibt es für einen trauernden Erwachsenen kein wirksameres Heilmittel, als sich davon mitreißen zu lassen“ (Seite 95).

 

Bei diesem Buch war es mir nicht möglich, es auf einen Zug durchzulesen. Je weiter ich in der Erzählung vordrang, desto emotionaler empfand ich sie. Immer deutlicher trat Paulas Einsamkeit zu Tage: „Dass einen niemand mehr umarmt ist eine grausame Strafe“ (Seite 167). Die unterschiedlichen Trauerphasen waren sehr gut nachvollziehbar. Ebenso wie die Ablenkungsversuche, die schließlich doch nicht das hielten, was sich Paula von ihnen versprochen hatte.

Hervorheben möchte ich an dieser Stelle noch die Aufmachung des Buches. Der Schutzumschlag ist ein haptisches Erlebnis, denn die den Titel umrahmenden Blüten sind leicht erhaben und wiederholen sich im Inneren des Buches.

Fazit: Lesenswert, nicht nur für Menschen, die in ihrer eigenen Trauer festhängen.