Rezension

Bah

Vier Schafe und ein Todesfall -

Vier Schafe und ein Todesfall
von Thomas Chatwin

Bewertet mit 2 Sternen

Zugegeben, bei dem Cozy-Krimi "Vier Schafe und ein Todesfall" von Thomas Chatwin triggerte mich zunächst einmal der Titel, der an einen Mix der romantischen Komödie "Vier Hochzeiten und und ein Todesfall" und den Schaf-Krimi "Glennkill" erinnerte. Fand ich seinerzeit beides ausgesprochen nett. Hinzu kam die Buchbeschreibung für "Leser:innen von Richard Osman". Dessen Hobby-Ermittler aus einer britischen Seniorenkonferenz sind mir mit ihren unorthodoxen Methoden und trockenem Humor ziemlich ans Lese-Herz gewachsen.

Doch ach, im Vergleich blieb ein blökendes "bah" zurück. Denn zwar wimmelt es auch hier von kauzigen Charakteren vor allem in den Nebenfiguren, aber insgesamt fehlt es mir in diesem in Cornwall angesiedelten Cozy Krimi um die Doyle-Sippe auf der Suche nach dem Beweis der Unschuld einer unter Mordverdacht geratenen Cousine einfach von vorne bis hinten an Glaubwürdigkeit. Wenn es sich nur um augenzwinkernde Übertreibung handeln würde - geschenkt! Aber so wie die Figuren handeln und sprechen, sehe ich nichts, was aus einer rosagezeichneten Welt a la Pilcher-Cornwall herausspringen würde. Vielleicht ist es ja auch kein Wunder, wird der Autor doch als langjähriger Freund von Rosamunde Pilcher vorgestellt.

Doch worum geht´s? Kate Doyle, die einen True Crime Podcast produziert, ist der Liebe wegen ins heimische Cornwall zurückgekehrt. Ihr Liebster ist ein ehemaliger Forensiker, der seinem Beruf nichts mehr abgewinnen konnte und die Schaffarm seines Bruders übernommen hat. Auf dem 80. Geburtstag  von Kates Großmutter Emily erreicht sie der Anruf,  dass vier Schafe ausgerissen seien und überall Blut sei. Ein Wolfsriss? Kate eilt zur Rettung der Schafe und findet sie in den Blumenbeeten einer nahen Strandvilla, zusammen mit der Leiche des Eigentümers. 

Kates Vater Gilbert, Kunsthistoriker mit MI5-Vergangenheit, sichtet später bei der Polizei Bilder einer Überwachungskamera - er hat bei der Restaurierung der Villa geholfen - und erkennt Cousine Chloe, die die Familie vor Jahren verlassen hat.  Für die Polizei eine klare Tatverdächtige. Die Doyles dagegen sind sicher: Ihre Verwandte ist unschuldig und in Gefahr. Die Familie muss ihre Unschuld beweisen und macht sich in gemeinsamen Videokonferenzen ans Ermitteln.

Das könnte nett und unterhaltsam sein, wenn wenigstens ein kleiner Anstrich möglicher Realität gewahrt bliebe. Doch dem ist nicht der Fall. Kate ist gekränkt, dass die ermittelnde Detektivin ihr keinen Einblick in ihre Informationen gewähren will - schließlich produziert sie einen true crime podcast! Auch David, der doch eigentlich nichts mehr von der Forensik wissen will, trägt ungefragt seine Expertise bei, als gäbe es keine polizeiliche KTU für die Spurensicherung. Noch arger ist es mit Gilbert, der an Details zu den Ermittlungen rankommt und diese ausführlich im Familienrat teilt, was Kate wiederum Stoff für eine neue Podcast-Folge liefert. Mit Täterwissen, das die Polizei bei laufenden Ermittlungen stets sorgfältig unter dem Deckel hält (mal abgesehen davon, dass zu diesem Zeitpunkt Informationen über Ermittlungen von der Staatsanwaltschaft als Herrin der Verfahrens kommen).  

Und auch die kitschig-rosagetünchte Liebesbeziehung zwischen Kate und ihrem Forensiker wirkt ebenso lebensfern mit den ewigen Liebesschwüren nach jahrelanger Beziehung wie der landwirtschaftliche Betrieb, der angeblich von 52 Schafen leben kann, von denen nie eines geschlachtet wird und die mehr als Hätscheltiere mit individuellen Charakter regelrecht vermenschlicht werden. Hat der Autor denn noch nicht mal bei der vorbereitenden Recherche bemerkt, dass Schafhalter schon seit langem darüber klagen, dass Schafswolle mehr Kosten als Einnahmen verursacht?

Das Buch hat mich enttäuscht zurückgelassen. Nette Idee, schöne Landschaft, aber die Umsetzung konnte mich leider nicht begeistern. Ich hatte mir sehr viel mehr versprochen und mich über dieses Buch mehr geärgert als amüsiert.