Rezension

Besser, als viele immer wieder behaupten

Ein plötzlicher Todesfall - Joanne K. Rowling

Ein plötzlicher Todesfall
von Joanne K. Rowling

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ich war lange Zeit unentschlossen, ob ich diesem Buch eine Chance geben soll. Da Joanne K. Rowling zu meinen absoluten Lieblingsautorinnen gehört, müsste “Ein plötzlicher Todesfall” eigentlich ein absolutes Muss sein, dennoch war ich lange skeptisch, da das Buch immer als Krimi bezeichnet wurde und ich nur sehr selten von Krimis begeistert bin. Dennoch bin ich über meinen Schatten gesprungen und habe das Buch direkt am ersten Verkaufstag gekauft, damit ich wieder mal etwas von Frau Rowling lesen konnte. Wirklich bereut habe ich es nicht, dieses Buch gelesen zu haben, allerdings blieb ich am Ende doch ein bisschen ratlos zurück.

Ich habe selten so lange für ein Buch gebraucht, was schon zeigt, wie schwer mir dieses Buch gefallen ist. Das liegt nicht einmal daran, dass das Buch schlecht ist, sondern daran, dass meine Erwartungen absolut nicht erfüllt werden konnten. Dabei hatte ich noch nicht einmal sehr hohe Erwartungen, ich habe mich lediglich gefreut, mal eine andere Seite von Joanne K. Rowling zu lesen, die so ganz anders ist, als man es bislang von ihr gewohnt war.

Der Schreibstil von Joanne K. Rowling ist wieder einmal großartig. Sie beschreibt die Charaktere und die Orte so dermaßen gut, dass ich mir sehr vieles bildlich vorstellen konnte und schnell ein Teil von Pagford wurde. Dazu lernt man eine vollkommen neue Seite von J.K. Rowling kennen, denn der Ton wird deutlich rauer, als in der “Harry Potter”-Reihe.
In “Ein plötzlicher Todesfall” wird offen über Sex geredet, die Sprache wird deutlich salopper und es kommt auch mal zu derben Beschimpfungen, was man bislang nicht von ihr kannte. Allerdings gefällt mir die neue Art sehr gut, da sie sich somit deutlich vom Jugendbuch-Genre verabschiedet hat und klar ersichtlich wird, dass dieser Roman eher für Erwachsene oder Jugendliche ab 16 geeignet ist.

Ein großes Problem hatte ich zunächst mit den vielen Charakteren. Die Geschichte springt ständig zwischen den Charakteren hin und her, sodass es mir oftmals schwer fiel, sämtliche Bewohner von Pagford auseinander zu halten und diese richtig einzuordnen. Dabei merkt man auch schnell, dass jede Familie in Pagford mehr oder weniger etwas zu verbergen hat. Manche führen nach außen hin eine Bilderbuchfamilie, die allerdings im eigenen Haus alles andere als harmonisch aussieht. Da werden Kinder beleidigt, Frauen gedemütigt oder erst gar nicht beachtet. Der Tod von Barry Fairbrother ist Thema Nummer 1 und es ist stellenweise schon sehr erschreckend, wie jeder mit seinem Tod umgeht. Einige freuen sich diebisch und haben große Mühe, diese zu verbergen, andere sind sehr geschockt und noch andere denken nur an den Sitz im Gemeinderat, der nun frei geworden ist.

Leider muss ich jedoch sagen, dass ich die Charaktere bis zur letzten Seite immer wieder miteinander verwechselt habe, da es einfach viel zu viele sind. Es wäre schöner gewesen, wenn man sich nur auf zwei bis drei Familien konzentriert hätte, das ganze Dorf war mir einfach zu viel und somit konnte ich mit niemanden wirklich mitfiebern. Bis zum Schluss hing oftmals ein großes Fragezeichen über meinen Kopf, es war zu viel Input, was kaum verarbeitet werden konnte.

Das Buch wurde, wie gesagt, oft als Krimi beworben, allerdings habe ich in diesem Buch keine Krimielemente finden können. Die Geschichte ist eher ein Roman, der die Gesellschaft kritisiert und aufzeigt, wie Menschen in gewissen Situationen reagieren und nur an sich denken, während andere zeitgleich großes Leid ertragen müssen.

Das Cover hat mir dagegen auf Anhieb gut gefallen. Ich mag sowohl die Schlichtheit, als auch die Farben. Das große Kreuz steht für die Wahl, sodass das Cover passender nicht sein könnte. Die Kurzbeschreibung liest sich ebenfalls recht gut, führt aber meiner Meinung nach etwas in die Irre, da sie auf einen Krimi hinweist, den es schlicht und ergreifend nicht gibt.

Es fällt mir wirklich schwer, dieses Buch zu bewerten, da Joanne K. Rowling wie gesagt meine Lieblingsautorin ist. Ein Ausrutscher kann immer mal passieren, aber kann man dieses Buch wirklich als Ausrutscher bezeichnen, wenn man einfach nur die falschen Erwartungen hatte? Sollte man dieses Buch wirklich lesen wollen, sollte man es auf keinen Fall nur deswegen lesen, weil es von Joanne K. Rowling stammt. Man sollte Interesse am Wahlverfahren und an gesellschaftskritischen Büchern haben, dann ist es mit Sicherheit eine große Bereicherung fürs Bücherregal. Reine Fans der “Harry Potter”-Reihe werden wohl eher enttäuscht sein und mit dem Buch nur schwer etwas anfangen können.