Rezension

Bewegender Familienroman – sehr gut recherchiert und einfühlsam erzählt!

Die Hafenschwester - Als wir an die Zukunft glaubten - Melanie Metzenthin

Die Hafenschwester - Als wir an die Zukunft glaubten
von Melanie Metzenthin

„Wir lernen aus der Geschichte nicht, was wir tun sollen. Aber wir können aus ihr lernen, was wir bedenken müssen. Das ist unendlich wichtig.“ (R.v.Weizsäcker)

Mit „Die Hafenschwester – Als wir an die Zukunft glaubten“ gelingt es der Autorin Melanie Metzenthin deutsche Zeitgeschichte literarisch so gelungen aufzubereiten, dass ein Hineindenken, Mitfühlen und Reflektieren der verschiedenen Perspektiven zu einer Zeit grundlegender Umbrüche möglich wird.

Erzählt wird die Geschichte aus Perspektive der Familie Studt: Martha und Paul mit ihren Kindern Rudi, Ella und Fredi, die in den 1920er Jahre zunächst voller Hoffnung in die Zukunft starten und dann durch Hyperinflation, Naziregime und Zweitem Weltkrieg ihr Leben ganz anders als gedacht gestalten müssen.

Da der Klappentext bestimmte Ereignisse rund um Rudi, Ella und Fredi verrät, fand ich es sehr spannend, dass die Geschichte einige Jahre vorher beginnt, sodass man die jeweiligen Entwicklungen, die durch die zu dieser Zeit schwierigen gesellschaftspolitischen Ereignisse mitbestimmt werden, verfolgen kann. Meiner Meinung nach gelingt es der Autorin in diesem Zusammenhang besonders gut, historische Ereignisse mit der Handlung zu verknüpfen. Mir sind deshalb auch viele Zitate im Gedächtnis geblieben, die die derzeitigen gesellschaftspolitischen Ereignisse aus unterschiedlichen Perspektiven sehr treffend widerspiegeln und zum Nach- und Weiterdenken anregen. Gerade weil wir nun schon so lange das Glück haben, in einer Friedenszeit in Deutschland zu leben, braucht es immer wieder Momente, in denen man sich bewusst macht, dass dies nicht selbstverständlich ist.  

Insofern zeichnet sich dieser abschließende Band dadurch aus, dass wichtige Themen wie "Inflation", "Umgang mit den Grausamkeiten des Krieges", "Hitlers Putschversuch in München" sowie das "Leben in Hamburg zur Zeit des Zweiten Weltkrieges" durchgängig sehr facettenreich beleuchtet werden und mit den unterschiedlichen Charakteren verschiedene Identifikationsfiguren angeboten werden.

Obwohl ich die "Vorwarnung" zum Umfang des Buches in einigen Kommentaren bereits vor dem Erhalt des Buches gelesen hatte, war ich doch überrascht, als ich es in den Händen hielt und hatte das Gefühl, dass ich mir erst einmal eine besonders große Zeitnische freischaufeln müsse, um dem Buch gerecht zu werden... Was für ein Trugschluss! Denn sobald ich mit dem Lesen begonnen hatte, habe ich gemerkt, dass sich das Buch sehr leicht lesen lässt, was meiner Meinung nach einerseits an der sehr ansprechenden Erzählweise und andererseits am sehr leser:innenfreundlich gewählten Drucksatz liegt.

Insofern kann ich „Die Hafenschwester – Als wir an die Zukunft glaubten“ nur weiterempfehlen - auch wenn dieser finale Band mein Einstieg in diese Familiengeschichte war. Ich hatte durchgängig das Gefühl, von der Autorin abgeholt zu werden und hinreichendes Vorwissen zu den einzelnen Figuren "quasi nebenbei" vermittelt zu bekommen. Deshalb freue mich schon jetzt darauf, bald auch die Vorgeschichte dazu zu lesen, denn das ist der einzige Nachteil dieses Buches: Sobald man Martha und die Familie Studt kennengelernt hat, möchte man unbedingt noch mehr erfahren!

Ich danke lovelybooks und DIANA für dieses besondere Rezensionsexemplar.