Rezension

coole Idee, aber stilistisch etwas merkwürdig

Marthas Widerstand - Kerry Drewery

Marthas Widerstand
von Kerry Drewery

Bei Marthas Widerstand handelt es sich um eine spannende Dystopie, denn es wird beleuchtet, wie sich das Recht weiterentwickeln könnte, dass sogar Strafe kommerzialisiert werden kann und dass die Medien für den Kommerz auf sämtliche Menschenrechte verzichten könnten – ohne, dass es die Bevölkerung zu stören scheint. Sehr fiese Entwicklungen, die mich oft zum Nachdenken gebracht haben.

Martha sitzt zu Beginn in einer von sieben Zellen, weil sie zugegeben hat, dass sie den berühmten und beliebten Menschenfreund Jackson Paige erschossen hat. Die Menschheit hat ein Rechtssystem entwickelt, in dem die Täter sieben Tage lang immer die Zelle wechseln, während im Fernsehen Sendungen laufen, die die Tat, den Täter und das Opfer beleuchten. Im Laufe der Geschichte merkt man, dass das System lediglich behauptet, demokratisch zu sein, weil am Ende jeder abstimmen kann, ob der Täter schuldig ist oder nicht. Auf die Abstimmung für schuldig folgt dann der Tod. Allerdings hat das mit Demokratie wenig zu tun. Davon abgesehen, dass es keine Grauzonen gibt, keine mildernden Umstände für Notwehr usw., sind die Sendungen extrem parteiisch und berichten an keiner Stelle objektiv über Täter und Opfer. Außerdem kann man nicht nur ein Mal abstimmen, sondern oft und das kostet auch noch Geld. Das heißt, dass die Demokratie keineswegs gewahrt wird, denn es bestimmen nach wie vor die Reichen und Mächtigen über den Ausgang der Abstimmung.

Martha selbst kommt aus der untersten Gesellschaftsschicht – aus den Kratzern (ehemalige Wolkenkratzer) und hat daher, wie so viele, keine Chance. Aber was ist, wenn sie sich freiwillig in das System begeben hat? Was, wenn sie etwas bestimmtes beweisen will? Und kann sie in dieser korrupten und kommerziellen Welt überhaupt etwas erreichen?

Ich fand das Thema sehr spannend, weil es darum geht, wie sich das Recht und die Medien weiterentwickeln können. Auch der Aufbau hat mir sehr gut gefallen, denn man hat nicht nur Marthas Sicht, in der nach und nach ihre Beweggründe aufgedeckt werden, sondern auch die Sicht ihrer psychologischen Betreuerin und Ausschnitte aus der Sendung „Death is Justice“. Dadurch bekommt man einen sehr guten Rundumblick über die Gesellschaft.

Warum ich trotzdem nur 3,5-4 Sterne gegeben habe, liegt daran, dass die Perspektive von Martha immer merkwürdiger wurde. Wenn sie einfach den Alltag in den Zellen, ihre Gedanken und Rückblicke geschildert hätte, wäre das für mich vollkommen in Ordnung gewesen. Aber sie hat begonnen, mit ihrem Freund zu reden. Ich kenne das auch, wenn man in Gedanken ein Gespräch durchgeht usw., aber dann denke ich mir auch beide Gesprächspartner. Ich kann mir ja schließlich auch selbst antworten. Aber Martha spricht in Gedanken irgendwie zu ihm und erzählt ihm die ganze Geschichte (wodurch der Leser darüber informiert wird). Nur stellt sich die Frage : „Warum?“ Denn die Person, der Martha in Gedanken alles erzählt, war live dabei und hat alles miterlebt – warum ihr also noch mal die ganze Geschichte erzählen? Diese Herangehensweise hat mir gar nicht gefallen und hatte mit der Zeit immer mehr Nervpotential, weil es so konstruiert erschien. Daher war das Buch mit all seinen spannenden Ideen insgesamt eher in Ordnung bis gut und leider nicht herausragend.