Rezension

Cressi, die Beutelschneiderin

Die Beutelschneiderin - Helga Glaesener

Die Beutelschneiderin
von Helga Glaesener

Bewertet mit 4 Sternen

~~1522 Nürnberg – Die 12-jährige Creszensia „Cressi“ Nabholz, die von Utz als Junge aufgezogen wurde, nachdem dieser sie als Säugling auf dem Misthaufen des Hurenhauses fand, betätigt sich recht erfolgreich als Beutelschneiderin, um sich und Utz das Überleben zu sichern und sich ihren Traum von einer eigenen Garküche zu erfüllen. Als sie jedoch bei ihren Diebstählen übermütig wird und sich im Lager des Hutmachers bedient, wird sie ertappt und ins Gefängnis verbracht, wo sie zur Verstümmelung verurteilt wird. Im letzten Moment wird sie durch den Theologiestudenten David von Bimbach gerettet, der sie in das Kloster bringt, in dem auch seine Mutter lebt, damit sie dort Buße tun kann für ihre Sünden. Allerdings will er dadurch auch vor seinen eigenen Gefühlen fliehen, denn David hat sein Herz schon an diese übermütige und mutige junge Frau verloren. Im Kloster geht es Cressi eigentlich sehr gut, doch sie hat Heimweh nach Utz und dem ungezwungenen und freien Leben, so dass sie sich bald davon macht auf den Weg nach Würzburg. Dort trifft sie erneut auf David, der sie bei sich auf dem Gut aufnimmt. Kurz darauf verschwindet David und Cressi macht sich auf die Suche nach ihm. Wird sie David finden?

Helga Glaesener hat mit ihrem Roman „Die Beutelschneiderin“ einen unterhaltsamen historischen Krimi vorgelegt. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig und spannend zugleich, als Leser wird man mit der faszinierenden Phase der beginnenden Neuzeit im damaligen Nürnberg konfrontiert und darf Cressi bei ihren Unternehmungen über die Schulter schauen und Teil des täglichen Lebens sein. Die Spannung wird sehr schön aufgebaut und steigert sich bis zum Ende. Der historische Hintergrund über die Bauernaufstände, die ist sehr gut recherchiert und wird geschickt in die Handlung mit eingeflochten, wodurch die erzählte Geschichte noch authentischer wirkt. Die Charaktere sind vielfältig und lebendig angelegt, dabei glaubhaft und sehr realistisch. Cressi ist eine aufmüpfige, mutige und starke Protagonistin, die man einfach ins Herz schließen muss, obwohl manche ihrer Handlungsweisen dem Leser ein Kopfschütteln entlocken. Sie hat ein gutes Herz und kämpft für die Menschen, die sie liebt und für die Dinge, von denen sie träumt. David ist ein junger Mann, der sich seiner selbst nicht so sicher ist. Er studiert Theologie, doch sein Herz hängt eigentlich an dem elterlichen Gutshof. Er muss so einiges einstecken, doch neben Cressi wirkt David leider etwas blass und farblos. Dagegen werden andere Protagonisten wie Matheß, Utz oder Anna ausführlicher in ihren Eigenheiten und Eigenschaften beschrieben, so dass man sich ihnen viel näher fühlt.

„Die Beutelschneiderin“ ist ein sehr unterhaltsamer und spannend erzählter historischer Kriminalroman, bei dem auch die Liebe und Intrigen nicht zu kurz kommen. Eine Leseempfehlung für alle, die gerne in andere Jahrhunderte eintauchen und sich von der damaligen Welt verzaubern lassen wollen.