Rezension

"Das Leben passiert dort, wo du bist."

Ist das jetzt schon Liebe?
von Christina Beuther

Die Autorin Christina Beuther kreierte mit „Ist das jetzt schon Liebe“ eine kleine feine Lektüre, über die Suche einer jungen Frau nach sich selbst. Sie gestattet dem Leser dabei einen tiefen Blick in das Seelenleben von Juli, der Hauptprotagonistin.

Die Erzählung erstreckt sich genau über einen Monat und jedes Kapitel steht für einen Tag im August. Je nach Ereignis gestalten sich die Abschnitte länger oder kürzer.

Juli, eine erfolgreiche Kinderbuchautorin und Künstlerin, die eigentlich in den USA ansässig ist, kehrt aus eher traurigen Bewegründen in ihren Heimatort Beekelsen zurück. Sie erbt das Haus ihrer Mutter und auch andere Dinge müssen noch geregelt werden. Das Haus ruft bei Juli sowohl schöne, als auch unliebsame Erinnerungen hervor. Ihr Verhältnis zu ihrer Mutter Ria war stets schwierig. Ria, ein Freigeist, scherte sich wenig um Konventionen und fühlte sich in ihren Pflichten als Mutter eingeschränkt. Sie verließ Juli früh und das Mädchen wuchs bei ihrer Oma auf. Der sie sich auch heute noch mehr verbunden fühlt.

„Ich bin an dem Punkt, wo ich diese Klarheit habe und alles, was passiert ist, Sinn macht und zu dem geführt hat, was richtig ist. Sollte ich morgen sterben, ist alles gut. Wenn es so weit ist, möchte ich im Wind verstreut werden und einfach dorthin wehen, wohin er mich trägt.“ (Zitat S.14)

Juli erfüllt ihrer Mutter diesen letzten Wunsch und denkt während ihres Aufenthalt viel über ihr zerrüttetes Verhältnis nach, das bei Juli tiefe Wunden hinterlassen hat. Sie lässt keinen an sich ran und pflegt hauptsächlich oberflächliche Freundschaften. Im Kochen und Zeichnen findet sie ihre innere Ruhe und beides kann sie wirklich sehr gut. Bei der Beschreibung der kulinarischen Genüsse lässt erahnen, das auch die Autorin eine große Leidenschaft für die Kochkunst hegt. 

Ihr Besuch in Beekelsen, der Platz an dem ihre Mutter schließlich ihre innere Ruhe fand, hinterlässt auch Eindrücke bei Juli. Alte Freundschaften erwachen zu neuem Leben. Juli findet an dem attraktiven Jan großen Gefallen und übernimmt eine Patenschaft für einen kriminellen Jugendlichen, der ähnlich wie sie, seinen Platz in der Gesellschaft noch nicht gefunden hat.

Die Reise in die Vergangenheit macht hier viel Freude. Der Roman wird von einer erzählerischen Leichtigkeit getragen und die Autorin verliert sich nie in Melancholie. Obwohl die Thematik Trauer, Tod, Bindungsängste und Verluste doch vor einem ernsten Hintergrund stehen.

Juli ist als Charakter sehr authentisch dargestellt. Sie macht es einem mit ihrer eigenwilligen Art und ihrer Sturheit zwar nicht leicht, doch man spürt als Leser auch ihre innere Zerrissenheit. Sie ist immer noch auf der Suche nach dem Ort, an dem sie ihre Wurzeln schlagen kann. Ein Umstand, den sie sich jedoch nicht eingesteht. Genau wie ihr Umfeld, möchte man als Leser Juli wachrütteln und gute Ratschläge geben.

„Ich habe zu spät verstanden, dass man eigene Freiheit nicht findet, indem man versucht, die Weite des Horizonts zu durchbrechen, und immer weiterzieht. Eigene Freiheit liegt in einem selbst. Solange man nicht mit sich im Reinen ist, wird die Suche kein Ende nehmen.“ (Zitat S. 106) Ein kleiner Auszug aus dem Brief,den Ria ihrer Tochter hinterlassen hat. Ein Brief, der berührt, aber auch wütend macht, denn die Einsicht der Mutter kommt reichlich spät und man hofft das Juli diesen Teufelskreis durchbricht und nicht diesselben Fehler macht.

Die anderen Charaktere sind allesamt sehr unterschiedlich skizziert und ein paar Klischee`s bleiben nicht aus. Hinter der Fassade der tratschenden und neugierigen Einwohner steckt viel Herzlichkeit und Zusammenhalt, den man so in der Anonymität der Großstadt nie finden wird. Dafür steht man unter ständiger Beobachtung. Geheimnisse bewahren sich nicht lange.

Dieser Roman zeichnet sich ohne große Effekte aus und bleibt dabei bis zum Schluß spannend. Wie wird sich Juli entscheiden? Gibt sie der Liebe endlich eine Chance?

Es passiert nichts spektakuläres, außer das Leben selbst. Ideal um für ein paar Stunden dem Alltag zu entfliehen und vielleicht selbst in der Vergangenheit zu schwelgen.

Wer Lust bekommt die Gerichte von Juli nachzukochen. Am Ende befinden sich die detaillierten Rezepte. Ich kann nur sagen, probieren lohnt sich

 

4 Sterne und eine klare Leseempfehlung.