Rezension

Das Warten hat sich gelohnt

Ein Rätsel auf blauschwarzem Grund -

Ein Rätsel auf blauschwarzem Grund
von Lars Mytting

Bewertet mit 5 Sternen

Lange mussten wir Leser auf die Fortsetzung von Lars Myttings „Glocke im See“ warten. Doch das Warten hat sich gelohnt. Der zweite Teil startet 1903, in einem neuen Jahrhundert also, und führt den Leser tiefer in die Geschichte der berühmten webenden Hekne-Schwestern und ihrem verschollenen Teppich. Er enträtselt Vorzeichen aus dem ersten Teil und vor allem berichtet er aus dem Leben von Astrids Söhnen, deren Eltern so tragisch früh verstarben. Auch Kai Schweigaard, über den man sich im ersten Teil noch die Haare raufen wollte, spielt eine große Rolle. Bei ihm beeindruckt die Veränderung, die Astrids Tod bei ihm hervorgerufen hat und die ihn nun zu einer der sympathischsten Figuren im Roman macht. Doch auch Jehan Hekne und die kluge und anpackende Kristine haben mir sehr gefallen. Ganz zu schweigen von der Dynamik, die zwischen den beiden Brüdern herrscht.

Auch der Kunstgeschichtsaspekt kommt nicht zu kurz. Bestach der erste Teil noch mit vielen Infos über die faszinierenden Stabkirchen und deren Schnitzereien liegt der Fokus hier - in etwas geringeren Maß zwar - auf traditionellen Webstücken. Auch wenn ich mir nicht sicher bin, inwieweit die bildgewaltige Ikonografie reale Hintergründe hat und wo sie nur der Fantasie des Autors entsprungen ist.

Ich glaube dieser Roman gewinnt mit den Vorlesen. Die ruhige Stimme Irina Salkows gibt der Geschichte die richtige Ernsthaftigkeit und Ruhe. Auch wenn ich Beate Rysop, die Sprecherin aus der „Glocke im See“ vermisse, bin ich froh mich wieder für die Hörbuchversion entschieden zu haben. Mit dem Lesetempo, mit dem ich sonst durch Romane fetze wäre bestimmt ein guter Teil der Stimmung verloren gegangen. Und Stimmung hat dieser wunderbar melancholisch mystische Roman!

Für mich war „Ein Rätsel auf blauschwarzem Grund“ ein absolutes Wohlfühlbuch, bei den ich vielleicht das ein oder andere Tränchen verdrückt habe. Gelungene Naturbeschreibungen, eine wunderbare Sprache, ein wenig Mystik, Tragik, Tradition und Zusammenhalt. Mir hat der Roman sehr gefallen!