Rezension

Denk ich an Gudelia in der Nacht

Das Haus in dem Gudelia stirbt -

Das Haus in dem Gudelia stirbt
von Thomas Knüwer

Ungewöhnlich bis zum Schluss, ein Psychothriller, der heraussticht aus der Menge der Thriller!

Es gibt ihn, den Murbach, aber es gibt keinen Ort Unterlingen, das Buch spielt an einem fiktiven Ort, zu einer fiktiven, aber realwirkenden Zeit, im Juni 2024, und es hat eine Flutkatastrophe gegeben in diesem Dorf. Die Szenerie erinnert sicher nicht ungewollt an die Ahrtalkatastrophe vor knapp drei Jahren. Ja, so könnte es gewesen sein, als das Wasser alles mit sich riss und Schlamm, Fäkalien, tote Menschen und tote Tiere hinterließ. Dass Einwohner Hals über Kopf noch flüchteten, dass fremde Menschen helfen kamen, all das erinnert an den Juli 2021. Aber der Autor hat bewusst auf eine von Fakten unterlegte Szenerie verzichtet und es beginnt in einer Nacht im Juni 2024 ein Krimi, der es in sich hat.

Gudelia, eine Frau aus Unterlingen, 81, vollkommen klar im Kopf, aber nach zwei Hieben mit einem Spaten auf ihre Beine liegt sie auf dem Friedhof und rechnet mit dem Tod, aber der ist so einfach nicht zu haben. Gudelia denkt an die wichtigsten Jahre ihres Lebens, an 1984, als ihr Sohn Nico stirbt, an 1998, als sie mit Bauernschläue ihr Haus für sich rettet, an 1968, als sie heiratet. Ihre Gedanken fliegen vor und zurück, der Leser lebt und liest sich durch Gudelias Schicksal, das verbunden ist mit dem ihres Ehemanns Heinz, mit ihrem Sohn Nico, mit Andre, dem Pferdehofbesitzer. Man lernt eine Menge über das einsame Leben einer alten Frau, die sich aus vielfältigen Gründen gegen jegliche Evakuierung aus dem flutgefährdeten Haus sträubt, die viel und lange betet in diesen Tagen und die ein Ferkel rettet und Stephanus nennt, so wie die Kirche des Dorfes heißt es, und frisst Möhren und Hundefutter und weicht ihr nicht mehr von der Seite.
Warum Gudelia mitten in der Nacht auf dem Friedhof ist und warum einer ihr die Beine bricht, das erfährt man peu à peu in diesem Buch. Ich hatte einen Krimi erwartet, dass es ein Psychothriller mit echtem Horror werden könnte, habe ich nicht vermutet. Ich fand das so spannend, dass ich entgegen aller Gewohnheit sehr schnell und immer zwischendurch, wenn ich die Zeit hatte, gelesen habe. Es hat sich bis zum Ende, das unerwartete Wendungen bot, gelohnt. Der Schreibstil hat mir sehr gefallen, die Rückblenden wurden schlüssig erzählt und es war keine Minute langweilig.

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