Rezension

Ein ziemlich anderer Krimi, den ich jedoch kaum aus der Hand legen konnte

Das Haus in dem Gudelia stirbt -

Das Haus in dem Gudelia stirbt
von Thomas Knüwer

Bewertet mit 4 Sternen

Bei NetGalley entdeckte ich in der Challange 2024 Anfang Juni diesen Kriminalroman. Obwohl mich das Cover nicht wirklich ansprach und ich auch vom Autor noch nie etwas gehört oder gelesen hatte, reizte mich der Klappentext dann doch. Immerhin gab es zu dem Zeitpunkt in einigen Teilen Deutschlands auch gerade böse Hochwasser und somit einen brandaktuellen Bezug. So lud ich das E-Book auf meinen Kindle und begann zu lesen.

Juni 2024 – Für das kleine Dorf Unterlingen gab es Hochwasserwarnungen und die Bewohner verließen ihre Heimat entweder aus eigenem Antrieb oder wurden evakuiert. Lediglich die 81-jährige Gudelia tat so, als ob sie nicht zuhause wäre und blieb in der oberen Etage ihres Hauses. Sie will es nicht verlassen, denn dort ist ihr dunkelstes Geheimnis verborgen. In der Nacht beobachtet sie vom Fenster aus, wie die Wassermassen vorbeirauschen und alles Mögliche mit sich reißen. Unter anderem tote Schweine, aber auch zwei mit Kabelbindern gefesselte Leichen…

1984 - Der 15-jährige Nico ist auf dem Landjugendfest und sollte eigentlich um Mitternacht zuhause sein. Gudelia, die über einem Buch eingeschlafen war und gegen 2 Uhr nachts durch ihren betrunken heimkommenden Mann geweckt wird, stellt fest, dass Nico noch nicht zuhause ist. Sie macht sie sich auf die Suche nach ihm und als sie ihn findet, zerbricht ihr ganzes bisheriges Leben zu einem Scherbenhaufen…

1998 – Gudelias Mann Heinz ist Alkoholiker und gibt ihr und dem, was im Haus verborgen ist, die Schuld dafür. Er hat seine Arbeit verloren und ist mit den Kreditraten für das Haus im Verzug. Gudelia bringt ihn dazu, ihr das Haus zu überschreiben. Doch wie soll sie es - als Hausfrau mit ein paar wenigen Putzjobs - schaffen, den Kredit abzuzahlen?

Leicht und flüssig konnte ich diesen, meist in der ersten Person aus Gudelias Perspektive verfassten Roman innerhalb sehr kurzer Zeit auslesen. Am liebsten hätte ich ihn gar nicht aus der Hand gelegt. Der bildhafte Schreibstil gefiel mir sehr gut und dadurch, dass die Geschichte abwechselnd in drei verschiedenen Zeitebenen erzählt wird, empfand ich, trotz der eher gemächlich fortschreitenden Handlung, eine permanente Grundspannung und verspürte beim Lesen nie Längen. Lediglich das Ende kam mir dann etwas zu abrupt. Ich hätte gern noch schwarz auf weiß erfahren, was genau mit Heinz passiert ist (das kann ich mir zwar denken) und empfand auch die Reihenfolge der letzten 3 Kapitel ziemlich eigenartig.

Obwohl mir relativ zeitig klar wurde, dass Gudelia große Schuld auf sich geladen hat und ich sogar früh eine Ahnung hatte, was in etwa passiert sein könnte, war sie mir nicht unsympathisch. Im Gegenteil, ich mochte sie. Aufgrund ihres Einfallsreichtums, in dem Versuch ihr Geheimnis zu bewahren, aber auch noch in dem Moment, als das nicht mehr ging und alles ans Licht kam. Das hat mich selbst überrascht, denn in irgendeiner Art und Weise gut finden, kann ich ihre Tat(en) natürlich nicht. Sie erschütterten mich einerseits, ich könnte aber nicht mit Sicherheit behaupten, dass ich an ihrer Stelle ganz anders gehandelt hätte. Das Ende im Jahr 2024 wirkte auf mich, obwohl es genaugenommen ebenfalls ein Verbrechen war, irgendwie versöhnlich.

Was ich hier gelesen habe, war für mich absolut kein typischer Kriminalroman, aber dennoch ein sehr Guter und vollkommen anders als alles aus dem Genre, was ich bislang kannte. Den Autor Thomas Knüwer werde ich mir auf jeden Fall merken und sollte ich sein erstes Buch, ein selbstverlegter Thriller, irgendwo als E-Book bekommen, werde ich es auch kaufen.