Rezension

Makabre Hochwasser-Erlebnisse

Das Haus in dem Gudelia stirbt -

Das Haus in dem Gudelia stirbt
von Thomas Knüwer

Bewertet mit 4 Sternen

Als Gudelia Krols Straße nach dem Jahrhunderthochwasser 2024 evakuiert wird,  ignoriert die 81-Jährige die Anweisung und bleibt in ihrer Wohnung im ersten Stock. Der Strom ist ausgefallen, darum  hat sie weder Wasser noch Telefonverbindung; ihre Welt endet am Kühlschrank der leeren Wohnung im Erdgeschoss.  Gudelia kann das Haus wirklich nicht verlassen, in dem sie einmal mit Mann und Sohn gewohnt hat und für das beide sich abgerackert hatten. Sollte ihr in ihrem Haus gerade jetzt etwas passieren, wird das höchstwahrscheinlich ihr Ende sein. Außer zahlreichen toten Schweinen schwimmen am  Haus  zwei Tote vorbei, Mann und Frau, an den Händen mit Kabelbindern gefesselt. Als Frau eines Bauarbeiters kennt Gudelia Kabelbinder, aber das können die jungen Männer vom THW nicht wissen und glauben ihr nicht. In der Ichform erzählt Gudelia in Dreiersprüngen abwechselnd  aus dem Jahr 1984, als ihr damals 15-jähriger Sohn tot aufgefunden wird, 1998, als sie mit 55 die Wechseljahre hinter sich hat und ihren Mann Heinz endlich zur Entgiftung vom Alkohol einweisen lässt, und der Gegenwart 2024, als sie - vom Wasser eingeschlossen - mit ihren Erinnerungen und Alpträumen zurückbleibt.  Mit Nicos Tod hat Gudelia immer noch auf vielerlei Art zu hadern, mit sich selbst, Heinz und Nicos Altersjahrgang, der ihn bis zu seinem Tod offenbar verhöhnt hat. Als  die Behörden die Statik der Häuser überprüfen, damit die Bewohner möglichst bald zurückkehren können, eskalieren die Dinge im Hause Krol – und man fragt sich, welche Rolle Gudelia in der Vergangenheit wohl gespielt hat.

Fazit

Durch den regelmäßigen Rhythmus der Zeitebenen und die Perspektive  der Icherzählerin verschwammen für mich Gudelias Erinnerungen, ihre möglichen Alpträume und meine eigene makabre Fantasie miteinander, mit der ich mir ausmalte, was eine Person gerade vorhatte.  Während in meiner Realität noch die Pumpen laufen und Notbetten für Evakuierte transportiert werden, war „Das Haus, in dem Gudelia stirbt“ eine höchst makabre Lektüre, die ich nur Leser:innen empfehle, die Handlungen mit menschlichen und tierischen Leichen ertragen.