Rezension

Der Narrenturm

Im Schatten des Turms - René Anour

Im Schatten des Turms
von René Anour

Bewertet mit 5 Sternen

Wien, 1778/78. 
Alfred Wagener möchte Medikus werden. Fast unmöglich in einer Ständegesellschaft, in der der Adel alle, die anderen Stände kaum Rechte haben. Er ist ehrgeizig, aber arm. Ein Job als Lehrer der adligen Helene soll helfen.
Helene, schön, klug und wissbegierig, wird von ihrem Vater gefördert, vielseitig gebildet. Aber als er stirbt, ändert sich alles. 
René Anour zeichnet ein Bild des historischen Wiens unter besonderer Berücksichtigung des „Narrenturms“. Eigentlich ein Prestigeobjekt des Kaisers, verkommt er zu einer Verwahranstalt für Menschen, die anders sind und hier misshandelt oder als Forschungsobjekte missbraucht werden. 
Das Leben bei Hofe, die Allüren und gegenseitigen Intrigen der Adligen werden in schillernden Farben beschrieben. Nicht ausgespart werden die Schrecken der Kriege, die Rechtlosigkeit der meisten Frauen, Korruption und Machtmissbrauch. 
Die beiden sympathischen Hauptfiguren erleben die unwahrscheinlichsten Abenteuer, finden sich oft in ausweglos scheinenden verzweifelten Situationen, handeln unberechenbar, lassen den Leser mitleiden und rufen eine Achterbahnfahrt der Gefühle hervor. 
Besonders interessant sind die gut recherchierten historischen, oft bislang wenig bekannten Fakten, die sich mühelos in die Handlung einfügen. 
Spannend, bestens zu lesen und unterhaltsam, ein phantastisches Buch aus dem Rowohlt Taschenbuch Verlag.