Rezension

Spannender historischer Roman

Im Schatten des Turms - René Anour

Im Schatten des Turms
von René Anour

Bewertet mit 5 Sternen

1787/1788: Der Roman erzählt die Geschichte zweier Personen: Alfred Wagener ist Medizinstudent, muss nebenbei arbeiten und hat Ideale. Helene von Weydrich ist eine junge Adelige, die durch ihren Vater viel Freiheit genießt und einen klugen Kopf hat. Beider Leben kreuzen sich, beider Leben werden aber auch auf den Kopf gestellt und nehmen einen unerwarteten Lauf. Ihre Geschichten werden eingebunden in das tatsächliche historische Geschehen und sind verknüpft mit dem Wiener Narrenturm, der ersten psychiatrischen Heilanstalt.

Der Roman hat mich sehr schnell gepackt, beide Protagonisten gefallen mir gut, sie sind sehr unterschiedlich und man kann wunderbar mit ihnen mitfühlen. Auch die anderen Charaktere sind interessant gestaltet. Die Geschichte ist spannend, auf beiden Seiten, oft mag man den Roman kaum aus der Hand legen. Besonders gefallen hat mir die historische Einbindung. Im Personenverzeichnis kann man überprüfen, welche Charaktere fiktiv und welche historische Persönlichkeiten sind, wobei sich bei letzteren der Autor auch Freiheiten nahm, die er im Nachwort aber auch benennt. Gut recherchiert ist der Roman natürlich trotzdem. Ein Glossar im Anhang erklärt womöglich unbekannte Begriffe.

Ein bisschen schade ist, dass der Narrenturm eine letztlich doch eher untergeordnete Rolle spielt. Ich hatte mehr Medizinhistorie erwartet, aber das ist Jammern auf hohem Niveau, denn der Roman hat mich auch ohne das glänzend unterhalten. Der Autor hat einen bildhaften Erzählstil, der das Kopfkino anspricht. Erzählt wird abwechselnd aus den Perspektiven der beiden Protagonisten, so dass auch immer wieder kleine Cliffhanger möglich sind, die die Spannung noch erhöhen.

Für mich ist dies eines der Bücher, bei denen ich am Ende einerseits froh bin, es ausgelesen und erfahren zu haben, wie es ausgeht, andererseits traurig bin, dass ich mich von liebgewonnenen Charakteren trennen muss – ein Buch also, das ich sehr gerne gelesen habe. So kann ich es vor allem Genrefans uneingeschränkt empfehlen und vergebe gerne volle Punktzahl.