Rezension

Der Rabengott

Der Rabengott -

Der Rabengott
von Ann Leckie

Bewertet mit 3 Sternen

Die Autorin Ann Leckie hat mit „Der Rabengott“ ihren ersten High- Fantasy- Roman geschrieben. Leckie ist durch ihre Science- Fiction- Werke recht bekannt geworden und hat einige Auszeichnungen für diese bekommen.

 

Klappentext:

Seit Jahrhunderten wird das Königreich Iraden von einem Gott beschützt: Er heißt der Rabe und residiert in einem Turm in der mächtigen Hafenstadt Vastai. Von dort wacht er über das Reich. Seinen göttlichen Willen lässt er über einen Rabenvogel an seinen menschlichen »Statthalter« kundtun. Der Vogel des Rabengottes ist tot, und die göttliche Regel schreibt vor, auch der „Statthalter“ muss unverzüglich sterben, um Platz für seinen Nachfolger zu machen. Als Mawat, der rechtmäßige Erbe, mit seinem Freund, dem Kämpfer Eolo, in der Hauptstadt eintrifft, sitzt bereits ein Regent auf dem Herrscherstuhl – sein Onkel. Mawats Zorn kennt keine Grenzen und während er versucht, sein Reich zurückzuerobern, entdeckt Eolo, dass der Turm des Raben ein dunkles Geheimnis birgt: In seinem Fundament harrt eine Prophezeiung, die, wenn sie sich erfüllt, Iraden für immer zerstören könnte

 

Der Name Ann Leckie ist vielen Science- Fiction- Lesern ein Begriff. Jedoch ist dies nicht mein bevorzugtes Lesegenre, sodass ich bisher noch kein Werk aus der Feder von dieser Autorin gelesen habe. Jedoch hat mich dieses Fantasy- Werk vom Klappentext her angesprochen und mein Interesse war geweckt. Ohne große Erwartungen oder Anforderungen bin ich an dieses Buch herangegangen, dennoch habe ich etwas Anderes bekommen, als ich zunächst gedacht hatte.

Zunächst möchte ich die gelungene Gestaltung erwähnen. Schon die wunderbare Gestaltung auf den ersten Seiten steigert die Vorfreude auf das Buch und auch die interessante Karte ist ein genauerer Blick wert. Diese habe ich während des Lesens gerne zu Rate gezogen, damit ich mich besser orientieren konnte. Am Ende befindet sich noch eine Übersicht der handelnden Charaktere, welche ebenfalls hilft, den Überblick zu bewahren.

Die Autorin hat in „Der Rabengott“ eine interessante und vielseitige Welt erschaffen. Auch bekommt der Leser hier einige Informationen zu ihrer Entstehung und der Vergangenheit, was diese Welt geprägt hat und wie gewisse Traditionen entstanden sind. Diese Einblicke in die fiktive Welt fand ich interessant und wichtig, auch für das aktuelle Geschehen.

Hervorstechend ist bei diesem Fantasybuch definitiv der außergewöhnliche Erzählstil. Die Perspektive ist aus der zweiten Person Singular und der menschliche Protagonist wird dadurch angesprochen. Zeitweise fand ich diese Erzählweise recht interessant und hat packende und ungewöhnliche Aspekte zu bieten. Jedoch hat man durch diese Besonderheit als Leser auch das Gefühl, dass quasi jemand von oben das Geschehen betrachtet, somit nicht die Geschichte live erlebt hat und dann nacherzählt, was passiert ist. Man hat das Gefühl, dass ein allwissendes göttliches Wesen den Menschen das Gesehene wiedergibt. Dadurch entsteht eine gewisse Distanz zum Geschehen. Dies hat dazu geführt, dass ich mich selbst eher als passiven Zuschauer angesehen hatte und nicht das Gefühl hatte, aktiv dabei zu sein. Zu dem Protagonisten Eolo konnte ich dadurch keine richtige Bindung aufbauen und so kam ich mir als Leser eher wie ein Beobachter aus größerer Entfernung vor. Auch wird das Buch in zwei Perspektiven erzählt. Der eine Strang widmet sich der Gegenwart. Hier wird die Geschichte von dem menschlichen Protagonisten Eolo erzählt, jedoch mit bereits erwähnter Distanz zum Geschehen, sodass mir Eolo nicht wirklich ans Herz gewachsen ist. Der andere Erzählstrang umfasst die Vergangenheit einer recht alten Gottheit und damit auch die Entstehungsgeschichte dieser fiktiven Welt. Es gibt hier einige interessante Ansätze, man lernt die Welt und dessen Geschichte besser kennen. Auch ist dieser Strang von seiner Art wieder ganz anders als jener von Eolo. Auf der einen Seite fand ich diese Gegensätze recht ansprechend, aber auf der anderen Seite haben sie teilweise meinen Lesefluss gestört.

Meiner Meinung nach ist es der Autorin leider auch nicht gelungen, die Spannung konstant hoch zu halten. Es gab Passagen, welche ich recht vielversprechend fand, wo ich einfach mehr erfahren wollte. Und dann gab es wieder Szenen, welche sich in die Länge gezogen habe, wo mich zum Teil auch die Auflösung des Problems nicht weiter gepackt hat. Allgemein entwickelt sich die Geschichte eher gemächlich. Wer hier ein actionreiches Abenteuer sucht, der sucht hier eher vergeblich. Es gibt zwar ein paar blutige Auseinandersetzungen, aber diese werden eher am Rande erzählt. Im Fokus steht eher ein Skandal, der aufgedeckt werden soll und die genauen Umstände untersucht werden und die Zusammenhänge erklärt werden.

Der menschliche Protagonist Eolo ist ansprechend angelegt. Dieser ist clever und handelt wohlbedacht. Er ist loyal gegenüber Mawat. Dieser ist ein erfahrender Kämpfer, wohl auch ein guter Taktiker. Doch zeitglich ist Mawat auch ein Hitzkopf, handelt nicht immer mit Bedacht und ist der Erbe des Statthalters des Rabens. Meiner Meinung nach hätte man aus der Konstellation der Charaktere mehr machen können, jedoch wurde meiner Ansicht nach hier Potential verschenkt.

 

Insgesamt hat die Autorin Ann Leckie mit „Der Rabengott“ ein außergewöhnlichen Fantasyroman geschrieben, welcher allein schon durch die Erzählperspektive hervorsticht. Es gibt einige interessante Ansätze, jedoch hätte ich mir in manchen Aspekten etwas Anderes gewünscht. Mir persönlich war dieses Buch zu passiv und konnte mich von der Umsetzung der Geschichte leider nicht vollständig überzeugen. Daher möchte ich 3 Sterne vergeben.