Rezension

Die beeindruckende Liebe einer besonderen Frau

Der Sommer der blauen Nächte - Stefanie Gregg

Der Sommer der blauen Nächte
von Stefanie Gregg

Bewertet mit 5 Sternen

Alles was Jule Jansen nach dem Tod ihrer Mutter Marie, die eine begnadete Malerin war und die besonders die Farben geliebt und gelebt hat, geblieben ist bzw. was sie behalten wollte, hat sie in einen einzigen Karton gepackt. Darunter ist auch ein Schuhkarton mit Fotos. Drei davon mit einem Mann, den Jule nicht kennt, am Felsenbdeplatz in Manarola im Cinque Terre in Italien, wo sie mit ihrem Bruder und ihrer Mutter vor 30 Jahren Urlaub gemacht hatte. Das wirft Fragen auf. Ausserdem ist die azurblaue Bilderserie, die Marie nie weggeben wollte, verschwunden. Marie macht sich auf zu den Urlaubsplätzen von früher und wird mit Antworten konfrontiert, die ihr gar nicht gefallen; die ihre Mutter in ein Licht rücken, das Jule nicht sehen will und mit einer Wahrheit, die sie nur schwer akzeptieren kann.

Sie merkt aber auch, wie sehr sie selbst vom Leben ihrer Mutter beeinflusst ist und muss sich mit ihrem eigenen Leben auseinander setzen und sich ihm stellen.

Stefanie Gregg hat es auch diesmal sehr schnell geschafft mich in die Geschichte hineinzuziehen. Mit ihrem gefühlvollen, farbigen und eindrucksvollen Erzählstil bringt sie mir die Farben, die Empfindungen und die Gedanken der Protagonisten sehr nahe. Fast schon wie in einem Krimi steigt der Spannungsbogen leicht an und hält sich, bis sich die Geschichte anders als erwartet, aber doch ganz in meinem Sinne auflöst.

Besonders Marie, die ich anfangs als sehr egoistisch empfand, komme ich immer näher. Ich habe ihren melancholischen, nach innen gekehrten Künstlerblick direkt vor Augen. Ich spüre beim Lesen ihre Hingabe zu den Farben und Formen, ihre Euphorie beim Betrachten ihrer Bilder, wie sie sich in ihre eigene Welt zurückzieht und darüber manchmal sogar ihre Kinder vergisst. In den wichtigen Momenten war sie aber immer für ihre beiden Kinder Thomas und Jule da. Aber auch ihre Zerrissenheit, ihre Trauer und ihre Verzweiflung werden hier sehr deutlich. Ich sehe sie, genau wie Jule, immer und überall tanzen. Ich lerne aber auch eine Marie kennen, die sich ihre große Liebe versagt, für ihren Mann und für ihre Kinder und die demzufolge ihr eigenes großes Glück lange nicht findet oder leben kann.

Jule, die ich bis auf wenige Momente von Anfang an mochte, durchlebt bei ihren Nachforschungen und in ihrem privaten Leben ihre Höhen und Tiefen. Ich möchte sie in ihrer Verzweiflung trösten, sie manchmal von ihren Zweifeln befreien und freue mich, dass sie zusammen mit Jen und Ben ihren Weg findet und auch geht.

Auch die anderen Menschen, die ich hier kennenlerne wirken menschlich, haben ihre Ecken und Kanten und teils ihre Geheimnisse.

Jeder der vier Abschnitte wird durch eine Farbe eingeleitet und jedes der 33 Kapitel wird mit einem Seestern abgeschlossen. Das symbolisiert für mich das Meer sowohl in Italien, als auch in Frankreich und gefällt mir persönlich mir sehr gut.

Stefanie Gregg hat mir keinen einfachen Liebesroman zu lesen gegeben, obwohl es um fast nichts anderes geht als um die Liebe. Ich habe eine Familiengeschichte gelesen, die so anders läuft wie Vieles im Leben. Eine Geschichte, die mich berüht und gerührt hat und die bestimmt noch eine Weile in mir nachwirken wird.