Rezension

Die etwas andere Therapie

Wenn alle Stricke reißen - Jennifer Bentz

Wenn alle Stricke reißen
von Jennifer Bentz

Bewertet mit 4 Sternen

Vivien sitzt im Wartezimmer ihres Therapeuten und wartet eigentlich nur auf ein neues Rezept für ihre Wunderpillen. Später gesellt sich Lea dazu, es ist ihr erster Besuch und sie fühlt sich unwohl und dann auch noch Wartezeit, das bekommt ihren Wutanfällen nicht wirklich gut. Nach einiger Zeit taucht auch Tine noch auf, die mit ihren Phobien zu kämpfen hat und ihre regelmäßigen Sitzungen braucht. Für Lea ist das Maß jetzt voll und sie will mit dem Arzt sprechen, ihr Pech ist nur, das sie ihn tot auffinden. Auf der Polizeistation kommen die drei Frauen ins Gespräch und lernen sich ein bisschen kennen, aber das verwunderlichste ist, das sie dort von einem Polizisten, alle einen Brief von ihrem Arzt erhalten und so nimmt das Leben ihren Lauf und die Drei ziehen zusammen in eine WG. Kann so was gut gehen? Wird Lea ihren Job behalten können und ihr Wut besiegen? Findet Vivien einen Platz in ihren Leben, der sie erfüllt, und kann sie die Finger vom Klauen lassen? Und was ist mit Tine, stellt sie sich endlich Prüfungen und wird sie ihre Angst besiegen? Allen Dreien ist klar, das wird schwer, aber zusammen könnte es klappen, vielleicht, oder?

Drei Frauen stecken gerade in ihrem Leben fest, jede mit ihren eigenem schweren Problem und die Lösung ist so weit weg. Der Versuch alles zu ändern und aus der Krise heraus zukommen, bringt sie zu ihrem Therapeuten, der sich aber selbst aus dem Leben stiehlt. Genau das fand ich bei der Geschichte so sympathisch am Anfang, drei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein können und ein toter Arzt, das fängt doch gut an. Das fand ich beim Klaptext schon klasse und im Buch noch besser. So stehen sie erst mal da, hilflos, frustriert, genervt und völlig durcheinander, aber was wäre ein Psychologe, wenn er nicht Aufgaben hinterlassen würde und das bringt die Geschichte in Schwung. Diese drei Frauen müssen zusammenarbeiten und das sorgt für eine menge Turbulenzen und einen großen Unterhaltungswert.
Wir haben da zum einen Vivian, die betrogene Ehefrau, die wenn es ihr schlecht geht, zur Kleptomanin wird. Die nie in ihrem Leben sich selbst verwirklichen durfte, da ihre Mutter ein ganz klares Gesellschaftsbild vor Augen hat. So weiß sie nicht recht, wohin sie gehört, oder was sie genau mit ihrem Leben anstellen soll. Ein ganz klarer Fall von sich selbst finden und verwirklichen, steht hier auf dem Plan.
Dann haben wir Lea, eine Frau die Karriere machen möchte als ernstzunehmende Journalistin, allerdings ist sie eher die hübsche Moderatorin für einen lokalen Sender. Sie fühlt sich unterfordert, als Modepüppchen, flippt regelmäßig dadurch aus und rechnet jeden Moment mit ihrer Kündigung. Sie muss tief in sich graben, um ihr Problem zu finden.
Und als letzte im Bunde kommt Tine, sie entstammt einer Psychologen Dynastie und keiner will sie mehr therapieren, da es nix zu therapieren gibt. Tine hat einfach kein Selbstbewusstsein, ordnet sich immer unter und hebt die Bedürfnisse ihres Freundes über ihre eigenen. Sie denkt einfach immer das Schlimmste und kennt sich mit allen Phobien bestens aus. So übernimmt sie auch am Anfang zur WG-Bildung die Aufgaben des Therapeuten und ist mit Rat und Tat zur Stelle.
Diese Drei müssen sich also durch den Alltagsdschungel von Gefühlen, Problemen und Sorgen gemeinsam durchschlagen. Dabei entwickeln sie sich nach vorne, gehen zusammen durch dick und dünn und versuchen einfach für den anderen da zu sein.
Jennifer Bentz hat hier eine witzige Ausgangssituation geschaffen und mit ihren drei Figuren ein Kaleidoskop aus Problemen gezaubert, damit es auch genug zu therapieren und lachen gibt. Durch ihre Hauptfiguren, die sie sehr liebevoll gezeichnet und mit Leben gefüllt hat, hat sie auch ein großes Spektrum an Sorgen und Problemen unsere Zeit dargestellt und auch das es auch oft ohne Therapeuten geht. Diese Frauen schaffen es nämlich, durch ihre Freundschaft für den anderen da zu sein. Wie sie sich Finden und Entwickeln ist hier sehr schön beschrieben. Dabei schreibt unsere Autorin das Ganze locker, witzig und frech, denn es soll Spaß machen dieses Buch zu lesen und was wäre ein Frauenroman ohne die Liebe, die darf natürlich nicht fehlen. So erleben wir abwechselnd, in jedem Kapitel, wie sie sich durch ihre selbst aufgelegten Aufgaben quälen.