Rezension

Die Idylle trügt...

Der Tod der dreckigen Anna -

Der Tod der dreckigen Anna
von Tina Seel

Bewertet mit 4.5 Sternen

Die Geschichte spielt in den 70er Jahren und basiert auf einer wahren Begebenheiten, die sich in der Kindheit der Autorin in der Pfalz ereignete. Es geht um einen brutalen und bestialischen Mord, der sich inmitten der scheinbaren Idylle des Dorfes ereignete. Die Autorin erlebte das Geschehen als Kind hautnah mit. In "Der Tod der dreckigen Anna" verarbeitet die Autorin das Erlebte, das sie, wie es scheint, niemals so ganz losließ. 

Heiligabend 1974 wird die als geistig verwirrt wahrgenommene Anna Hager tot aufgefunden. Sie fiel einem brutalen und bestialischen Mord zum Opfer. Im Dorf macht schnell die Runde, was geschehen ist. Umgehend beginnen auch die Ermittlungen. Wer ist der Mörder? Lebt dieser mitten unter ihnen? Nein, das kann nicht sein, denn jeder kennt jeden und so ist es unvorstellbar, dass der Mörder in der Nachbarschaft lebt. Überraschend aber, dass trotz des engen dörflichen Beziehungsnetzes keiner etwas weiß. Der Pfarrer bangt, dass der Täter sich ihm auf dem Beichtstuhl offenbart und sinniert, wie damit adäquat umzugehen wäre. 

Als Leser erhalten wir tiefe Einblicke in die unterschiedlichen Persönlichkeiten der Dorfgemeinschaft. Ihre Psyche wird sehr gut gezeichnet, so dass man fast ein wenig das Gefühl bekommt, selbst Teil der Dorfgemeinschaft zu sein. Als weitere Dinge passieren, wird dies sehr realitätsnah geschildert. Doch anders in einem klassischen Krimi steht hier nicht die Fahndungsarbeit im Vordergrund. Als Leser hat man den Vorsprung, ihn bereits zu kennen. Im Zuge der Ermittlungsarbeit entfaltet sich ein komplexes Psychogramm der Dorfbewohner und deren Sichtweise auf das Geschehene. Das ist eine recht ungewohnte Erzählweise, die mich aber komplett abgeolt und mitgenommen hat. Phasenweise hatte ich das Gefühl, beispielsweise beschriebene Gerüche selbst mit meinen Sinnen aufzunehmen und intensiv zu erleben - so gut waren sie beschrieben. 

Ich habe das Buch innerhalb kürzester Zeit gelesen und konnte es kaum aus der Hand legen. Besonders bewegt hat mich das Leben und Agieren der Marie, das für mich gut nachzuempfinden war.

Sehr gerne empfehlre ich die Lektüre all jenen, die mal etwas Anderes, als einen "klassischen" Krimi ausprobieren wollen.