Rezension

Die Wanderhure - 3,5 Sterne für eine spannende Idee

Die Wanderhure - Iny Lorentz

Die Wanderhure
von Iny Lorentz

In völlige Euphorie konnte mich die Wanderhure nicht stürzen und zu meinen historischen Lieblingen werde ich sie wohl auch nicht zählen, dennoch fand ich Iny Lorentz Bestseller-Roman gut und spannend zu lesen. Typisch für einen historischen Roman sind die etwas "flachen" Charaktere sowie die teilweise emotionslose Beschreibung von Handlungen. Vieles wird auf eine "trockene" Art beschrieben, was bei historischen Romanen scheinbar einfach zum Stil dazu gehört. (Und er war tot. Punkt.)

Inhalt:
Marie Schärerin, Tochter aus gutem bürgerlichem Hause, soll verheiratet werden. Doch anstatt vor den Traualtar zu treten, findet sie sich der Hurerei bezichtigt vor Gericht wieder. Marie und ihr Vater wurden Opfer einer schrecklichen Intrige ihres Bräutigams. Aus ihrer Heimatstadt vertrieben, geschlagen und geschändet, nimmt die Wanderhure Hiltrud das Mädchen bei sich auf. Von da an ist es Maries unbändiger Hass, der sie vorantreibt und sie ein Schicksal annehmen lässt, dass ihr schlimmer erschien als der Tod. Marie wird selbst zur Wanderhure. Von ihrer Rache getrieben verkauft sie ihren Körper, um sich an denen zu rächen, die ihr Leben zerstörten.

Lorentz verliert sich nicht in detailschwangeren, geschichtlichen Fakten, schafft es aber dennoch die Zeit in der Marie lebt einigermaßen plausibel darzustellen und zu beschreiben. Das Bild, welches die Autorin allerdings von Männern aus dieser Zeit schafft, war mir persönlich zu oberflächlich dargestellt.

Mir ist bewusst, dass aus Sicht einer Wanderhure Männer wie Tiere erscheinen, dennoch konnte mich die Autorin bezüglich ihrer männlichen Charaktere nicht wirklich überzeugen, da sie im Grunde alle gleich waren. Selbst Michel erschien mir nicht besonders sympathisch, weshalb der "romantische Teil" der Handlung im Grunde völlig unromantisch war. Hier wäre ich wieder beim trockenem Stil angelangt.

Insgesamt fand ich die Story sehr spannend und interessant, auch wenn man auf Maries Rache lange warten musste, konnte die Handlung dennoch überzeugen. Die Idee der Geschichte macht einfach neugierig. Eine junge Frau, die voller Hassgefühle den eigenen Körper verkauft, um zu überleben und sich zu rächen, ist packend und zieht den Leser mit sich. Auch wenn Maries "Racheplan" zum Teil auf Glück basiert, ist die Sicht einer Hure sehr interessant.

Dennoch würde ich es nicht jedem Leser empfehlen, da der hauptsächlich spannenste Teil der Handlung sich eher gen Ende abspielt und man trotz 600 Seiten nicht das Gefühl bekommt in die Tiefe der Geschichte und ihrer Charaktere eingetaucht zu sein.

"Demütig heißt wohl umsonst, doch das ist nur der Tod, und selbst der kostet das Leben."