Rezension

Dieser hist. Roman hat mich leider enttäuscht

Die Frauen vom Alexanderplatz - Elke Schneefuß

Die Frauen vom Alexanderplatz
von Elke Schneefuß

Bewertet mit 2 Sternen

Während auf den Straßen Anarchie und Chaos herrscht, müssen sich die Frauen, die die vergangenen vier Kriegsjahre Aufgaben der Männer übernommen hatten, wieder in Haushalt und Küche verschwinden. Die heimkehrenden Männer sind krank an Körper und Seele. Einige wollen die Niederlage weder wahrhaben noch hinnehmen und machen Sozialisten und Juden dafür verantwortlich. Soweit der historische Hintergrund.
Vier Frauen Vera, Fritzi, Hanna und Cora müssen sich in der veränderten Welt erst zurecht finden.

Vera, die die Verantwortung für die Familie und den Haushalt trägt und, wie sie ihrem Vater auf dem Totenbett versprochen hat, passt auf die kränkelnde Mutter auf, derweilen Bruder Georg im Krieg ist. Statt die Schneiderwerkstatt ihres Vaters wieder eröffnen zu können, verlangt Georg, der ein Freikorps anführt, ihren Gehorsam, weil er ja nun das Familienoberhaupt sei.
Fritzi ist aus der Provinz nach Berlin gekommen, um Benno, den Vater ihrer Tochter Christel zu suchen und zu heiraten.
Hanna und Cora, zwei Hilfskrankenschwestern der Front, die eine geheime Liebesbeziehung verbindet, müssen feststellen, dass die Rückkehr in das Leben als Töchter angesehener Familien, schwerer ist, als vorher. Besonders Hanna kämpft mit allen Mitteln, um ihre Ausbildung zur Ärztin und um ihre Unabhängigkeit.

Meine Meinung:

Was in der Leseprobe eine interessante, fesselnde Lektüre versprochen schien, entpuppt sich als mittelprächtiger Roman.
Weder die politischen Ereignisse noch die Erlebnisse der vier Frauen haben mich nicht wirklich mitgerissen. Die Handlung plätschert so dahin. Mir fehlt eine gekonnte Darstellung dieser dramatischen Zeit.
Sätze wie dieser sind ein Lichtblick, jedoch leider viel zu selten:
„Automobile sind Spielzeuge für große Jungs, hat der Kaiser gesagt. Der Idiot hat auch gesagt, dass Deutschland den Krieg gewinnt. Hatte keine Ahnung der Mann.“

Stellenweise gleitet die Autorin ins Nebensächlich ab. So wird einer Zufallsbekanntschaft, die Fritzi im Zug macht, recht viel Bedeutung beigemessen. Ich habe mir ausgemalt, wie dieser Mann Fritzi bei ihrer Suche nach Benno weiterhelfen oder behindern könnte oder sie bedrängen könnte, um dann später zu erfahren, dass er ein gewöhnlicher Zechpreller ist und seine Hotelrechnung nicht bezahlt.

Außerdem habe ich viel mehr Lokalkolorit und politische Aktionen erwartet. Die Zeit, in der der Roman spielt, ist hochexplosiv. Es kommt ja zu Bürgerkriegsähnlichen Zuständen (auch wenn keiner die Kampfhandlungen so nennen mag)

Der Roman viel versprechend begonnen, aber wenig gehalten. Der Schreibstil ist leicht lesbar. So richtige Spannung kommt aber meiner Ansicht nach nicht auf.
Auch die Charaktere könnten akkurater geschildert sein. Die Stelle, an der Hanna ihren vermutlich zukünftigen Stiefvater, erpresst, um von ihm das Studium in der Schweiz finanziert zu bekommen, hätte Potential gehabt. Das Aufflackern ist kurz. Warum will er, als Teil der Abmachung, dass Hanna als Ärztin nach Berlin zurückkommt und in einem Armenviertel praktiziert? Eher unüblich für einen reichen Geschäftsmann.
Was hat Georg im Krieg erlebt, dass er so fanatisch im Freikorps kämpft? Diese und ähnliche Fragen, die den Figuren mehr Tiefe geben könnten, bleiben unbeantwortet.

Gut gelungen finde ich die Abschriften aus dem Ehestandsregister und dem Handelsregister auf den letzte beiden Seiten, der Rest des Romans kann ich nur mit als „nett, aber wenig tiefgründig“ bezeichnen. Da habe ich schon einige wesentlich dramatischer angelegte historische Roman aus dieser Zeit in Berlin gelesen.
Der Titel gebende Alexanderplatz kommt so gut wie gar nicht vor. Daher erschließt sich mir der Titel nicht, schade.

Fazit:

Dieser hist. Roman hat mich leider enttäuscht, daher nur 2 Sterne