Rezension

Dinge, die vom Himmel fallen

Dinge, die vom Himmel fallen
von Selja Ahava

Bewertet mit 3.5 Sternen

Mitten im finnischen Sommer fällt ein Eisbrocken aus den Wolken und stürzt todbringend auf Saaras Mutter. Vom verzweifelten Vater emotional alleingelassen, versucht die achtjährige ihren eigenen Weg zu finden. Aufnahme finden Vater und Tochter im Gutshaus der Tante Annu, bis diese durch einen Schock über einen erneuten Lotteriegewinn in einen wochenlangen Tiefschlaf fällt. Erst der Kontakt zu einem schottischen Fischer, der unglückliches Opfer mehrerer Blitzschläge wurde, hilft Annu aus ihrer Schockstarre. Zurück im eigenen Haus scheint der Weg für die Zukunft von Vater und Tochter gelegt zu sein.

Die in vier Teile gegliederte Geschichte wendet verschiedene Stilformen, wie Märchen oder Briefe an, um die Sinnhaftigkeit des Lebens zu reflektieren. Selja Ahava spielt mit den Formen, gibt ihnen ein neues Gewand. Einfluss findet ein unaufgeregter, nordischer Charme, der Land und Leuten eigen ist. Es gibt keine durchgehende Handlung, der man folgen kann. Sprunghafte Schilderungen geben erst nach und nach ihre Zusammenhänge preis oder bleiben schlicht unerklärlich. Häuser, wie das Sägemehlhaus, wirken lebendiger als die eigentlichen Figuren.
 

"Wenn ein Haus alt genug ist, hört es auf, so auszusehen, als wäre es von Menschen erbaut worden. Es wird auf die gleiche Art lebendig wie ein bemooster Stein oder ein alter, dicker Baum."

Man meint, der Leser wird bewusst auf Distanz gehalten, ihm wird nur die Rolle des Betrachters zugewiesen. Die anfängliche Kindersicht der achtjährigen Saara vermittelt eine traurige doch leicht verständliche Abfolge von Geschehnissen. In der Romanfigur Hercules Poirot findet sie Halt und sucht nach Antworten für den Tod ihrer Mutter. Sie flüchtet sich in Fantasien und Erinnerungen und kehrt doch immer wieder zum Thema Tod zurück.

Jeder Abschnitt steht für sich, stellt eine Person besonders heraus, nennt sie beim Namen. Die im ersten Abschnitt noch starke Annu verliert durch ein eigentlich schönes Erlebnis, einen Millionen-Lottogewinn, völlig die Fassung. Wie im Märchen verfällt sie in einen komatösen wochenlangen Schlaf. Erst die Gewissheit, dass auch andere Menschen durch plötzliche Ereignisse, wie einen Blitzschlag, mit dem Leben hadern, lässt sie ihr Leben neu ausrichten. Der klare ungeschönte Briefwechsel zweier völlig unbekannter Personen, die sich langsam annähern, regt zum Nachdenken an.

Der Abschnitt "Die Meerjungfrau schlägt mit der Flosse" ist für mich der am schwersten zu erklärende Teil. Aus der Sicht von Kristina, der neuen Lebensgefährtin des Witwers, wird ihre Schwangerschaft, die geprägt ist von ihren Gedanken an das zu erwartende behinderte Kind, intensiv, aber befremdlich künstlich geschildert.

Sehr symbolträchtig werden viele bereits erwähnte Elemente in der Schlussszene verwendet, die viel Raum für eigene Interpretationen lassen.

Obwohl mir die ruhige Art der Schilderung, der besondere nordische Einfluss und das Wecken von ganz eigenen Schlussfolgerungen gefallen hat, habe ich keine Nähe zum Thema gespürt.