Rezension

Dreiecksgeschichte zwischen zwei Schwestern und einem Bären

Cascadia -

Cascadia
von Julia Phillips

Bewertet mit 4 Sternen

Eine nicht ganz typische Dreiecksgeschichte: zwischen zwei Schwestern und einem Bären.

Was macht es mit zwei jungen Frauen, an ein Leben in der Einsamkeit einer Inselgruppe im Nordwesten der USA gebunden zu sein? Die 28-jährige Sam wohnt dort mit ihrer Schwester Elena und ihrer pflegebedürftigen Mutter. Mit Jobs im Golfclub und auf der Touristen-Fähre versuchen sie sich über Wasser zu halten, seit Jahren schlagen sich die beiden so durch den Alltag. Was Sam dabei Kraft gibt ist der Traum, das alles hinter sich zu lassen und gemeinsam mit ihrer Schwester woanders neu anfangen zu können. Doch dann reißt die beiden etwas aus ihrer Routinen: ein Bär taucht auf und plötzlich wird alles in Frage gestellt.

Der zweite Roman von Julia Phillips, im Original "Bear", nimmt die Abhängigkeit und Verantwortung in der Beziehung zwischen zwei Schwestern in den Blick. In einem Lebensumfeld, das vor allem von Entbehrung, Bedrohung und Isolation gekennzeichnet ist, haben beide früh gelernt ihr Verhalten aufeinander einzustellen. Doch dann taucht der Bär auf und je mehr Elena sich von ihrer Faszination für den Bären einnehmen lässt (diese Obsession hat sich mir nicht erschlossen), desto mehr ergreift Sam die Angst. Konflikte tauchen auf, die bislang im Verborgenen lagen. Der Bär hat dabei eine stark symbolische Rolle und bringt einige märchenhaft anmutende Szenen mit sich. Kein Zufall, dass die Autorin dem Buch ein Zitat aus dem Grimmschen "Schneeweißchen und Rosenrot" vorangestellt hat. Es dauert ein wenig, bis man beginnt, die Dynamik zwischen den beiden Schwestern zu verstehen und Elena bleibt für mich aufgrund der Erzählweise nicht ganz greifbar, aber die aufgeworfenen Fragen sind spannende. Die Stimmung ist geheimnisvoll-melancholisch und zwischenzeitlich scheint sich alles an der Zelebrierung von Ausweglosigkeit aufzuhängen. Die Handlung stagniert genauso wie der Lebensentwurf von Sam bis es am Ende Schlag auf Schlag geht. Ich lege keinen Wert auf ein möglichst dramatisches Finale, manches hätte es für mich nicht gebraucht, aber ohne zu viel zu verraten: man wird überrascht und das fand ich gut.