Rezension

Dunk, der Dummkopf. Blöd wie eine Burgmauer

Der Heckenritter von Westeros - George R. R. Martin

Der Heckenritter von Westeros
von George R. R. Martin

Dunk hat gerade den Ritter begraben, dem er lange Jahre als Knappe gedient hat und der ihn kurz vor seinem Tod noch zum Ritter schlug nachdem Dunk geschworen hat, ein guter, aufrechter Ritter zu sein. Nun will er sein Glück bei einem Turnier versuchen, doch Dunk versteht nicht viel von der Welt der Mächtigen und muss erkennen, dass Ehrhaftigkeit und ein Schwert in den Augen der meisten noch keinen Ritter ausmachen und nicht jeder Ritter die Werte von Aufrichtigkeit mit dem Mann teilt, der ihn ausbildete. Dunk muss sich durchsetzen und beweisen, um als Ritter akzeptiert zu werden, dabei hat er nur die Hilfe seines Knappen Egg, der sich ihm auf dem Weg nach Aschfuhrt angeschlossen hat und der nicht der er ist, der er vorgibt zu sein.

In drei Novellen erleben wir Dunk und Egg bei ihren Reisen durch die Sieben Königreiche und ihren Abenteuern, die jedoch keine richtige Vorgeschichte zu Das Lied von Eis und Feuer bilden – hier leitet der Klappentext etwas fehl, denn die Geschichte setzt viel früher an. Wer jedoch ein eingefleischter Fan von George Martin und seinem Epos ist, der wird in Dunk beziehungsweise Ser Duncan der Große und Egg, der sich als Prinz Aegon herausstellt, Charaktere erkennen, die auch in Martins Hauptwerk mehrmals erwähnt werden – nämlich den bekannten früheren Lord Commander der Kingsguard und den späteren König Aegon. Zwei große Namen, die schwer tragen in der Geschichte von Das Lied von Eis und Feuer, umso interessanter finde ich es, Dunks und Eggs kleine Abenteuer zu erleben, als sie noch einfache Heckenritter waren beziehungsweise ein Prinz, der eigentlich meilenweit vom Thron entfernt ist.

Die Zuschauertribüne füllte sich bereits, die Lords und ihre Damen rafften in der morgendlichen Kälte ihre Mäntel um sich. Gemeine strömten ebenfalls auf das Feld, und Hunderte standen schon an den Zäunen. So viele sind gekommen, um mich sterben zu sehen, dachte Dunk bitter, aber er tat ihnen unrecht. Einige Schritte weiter rief eine Frau: »Viel Glück für Euch!« Und ein alter Mann trat vor, ergriff seine Hand und sagte: »Mögen die Götter Euch Kraft schenken, Ser.« Dann kam ein Bettelbruder in fadenscheiniger brauner Robe und segnete sein Schwert, und ein Mädchen küsste ihn auf die Wange. Sie sind für mich. »Warum?«, fragte er Pat. »Was bin ich für sie?« »Ein Ritter, der sich an sein Gelübde erinnert hat«, sagte der Schmied.

George Martin hat wieder eine Vielfalt von bunten, einzigartigen Charakteren erschaffen, die man alle sofort ins Herz schließt. Dunk ist ein Ritter mit dem Herz am rechten Fleck, der nicht mit Worten umgehen kann, dafür aber ganz gut mit dem Schwert. Dazu ist er noch sehr unbedarft im Umgang mit Frauen und manchmal etwas schwer von Begriff – blöd wie eine Burgmauer, sagte der alte Mann immer, der ihn ausgebildet hat –, was ihn aber umso liebenswerter macht. Egg – den ich nicht, wie in der Übersetzung, Ei nennen werde – wird von Dunk bei ihrer ersten Begegnung für einen Stallburschen gehalten und heftet sich später an Dunks Fersen, um sein Knappe zu werden. Später stellt sich heraus, dass der kleine glatzköpfige Junge nicht der ist, der er vorzugeben scheint, sondern Prinz Aegon Targaryen, der auch nach dem Turnier mit Erlaubnis seines Vaters weiter in Dunks Diensten bleibt. Eggs großes Mundwerk, wegen dem ihm Dunk immer wieder Ohrfeigen androht, und sein manchmal doch prinzliches Verhalten, das hervorbricht, machen auch ihn zu einem einzigartigen Charakter. Genauso toll sind auch alle anderen Charaktere, allen voran aber die Targaryens, von denen man in dieser „Vorgeschichte“ noch eine Menge antrifft. Baelor Breakspear ist als edler, sanfter und gerechter Kronprinz mein Lieblingscharakter und auch der düstere Zauber Lord Bloodraven ist sehr toll. Bei der Vielfalt an außergewöhnlichen, genialen Charakteren wird sicher jeder jemanden finden, den er mag.

Insgesamt ist Der Heckenritter von Westeros ausgelassener und nicht so düster wie Das Lied von Eis und Feuer und deswegen ganz anders, muss sich aber nicht dahinter verstecken. Dunks und Eggs Abenteuer sind interessant mitzuverfolgen und lustig, von Martin in lebhafter Weise und bildreicher Sprache geschildert, wie man es von ihm kennt, so dass sie einen einfach nur mitreißen. Die Schauplätze, die Heraldik und die Namen – bei all dem Einfallsreichtum kann man vor George Martin nur den Hut ziehen, der das Herz eines jeden Fantasyfans höher schlagen lässt. Das einzige Manko an diesem Buch ist, mal wieder, die deutsche Übersetzung der Namen. Dafür kann jedoch George Martin nichts und so kann ich jedem dieses Buch nur ans Herz legen – einzigartige Charaktere, eine mitreißende, lustige Geschichte, zauberhafte Schauplätze: ein Muss für Fantasyfans, und ich hoffe, das werden nicht die letzten Abenteuer von Dunk und Egg gewesen sein, die wir miterleben durften.