Rezension

Eddie - ungewollt zur Ermittlerin

Jenseits von Wut - Lucie Flebbe

Jenseits von Wut
von Lucie Flebbe

Bewertet mit 5 Sternen

„Jenseits von Wut“ ist der erste Teil einer Trilogie. Die Folgebände heißen „Jenseits von schwarz“ und „Jenseits von tot“.

Ich war sehr erstaunt über diesen Krimi. Angenehm erstaunt! Und warum? Weil die Protagonistin dieser Geschichte eigentlich eine Antiheldin ist. Die junge Edith (Eddie) Beelitz steht von jetzt auf gleich mit ihrer kleinen Tochter Lotti sprichwörtlich auf der Straße. Eddie hatte sich eindeutig bei der Wahl ihres Ehemannes vertan. Philipp war einer dieser Machos, für die eine Frau nur zum Repräsentieren und zum reibungs- und widerspruchslosen Funktionieren gut war. Kurzentschlossen befreit sich Eddie mit ihrer kleinen Tochter aus dem „goldenen Käfig“, den ihr der Göttergatte während ihrer Ehe bereit gehalten hatte. Psychisch ganz schön angeschlagen und fast ohne Selbstwertgefühl, macht sie sich auf in ein selbstbestimmtes Leben. Ich bin fasziniert von Eddie, wie sie den schwierigen Neubeginn auf sich allein gestellt meistert, wie sie die eigentlich ungeliebte Arbeit als Polizistin, die schwierige finanzielle Situation, die Einrichtung der neuen Wohnung und die Unterbringung von Lotti im Kindergarten unter einen Hut bekommt. Wie sie diese Überforderung in mehrfacher Hinsicht bewältigt, ist bewundernswert.

Abwechselnd aus der Ich-Perspektive von Eddie und einer Person, die Zombie heißt, beschreibt die Autorin Lucie Flebbe die Schritte der Entwicklung der jungen Frau vom Hausmütterchen und Luxusweibchen zur Ermittlerin in der Mordkommission. Es gibt viele Selbstzweifel, die sie massiv quälen und auch einige Rückschläge. Es ist so einfühlsam und humorvoll geschrieben, wie Eddie sich selber sieht. Ich finde, dass sie sehr streng mit sich selbst umgeht. Der Autorin gelingt es sowohl negativ als auch positiv erscheinende Charaktere glaubwürdig agieren zu lassen. Zombie ist ein unsympathischer Zeitgenosse, der zunächst sehr in seinen Aggressionen gefangen zu sein scheint. Am Ende hatte ich zumindest etwas Verständnis für diese Type. Sehr gefallen hat mir Mütze. Sie ist so sozial und hilfsbereit. Ihr verdankt Eddie viel.
In der Darstellung der meisten Personen wird gezeigt wie Menschen reagieren und nicht, wie sie reagieren sollten. Ich bin zum Beispiel gespannt, wie Eddie und ihr Vorgesetzter Adrian im nächsten Band miteinander umgehen werden. Er ist vom Typ her genauso ein Macho wie ihr Mann. Der Kriminalfall wird dennoch durch Eddies gute, intuitive Ermittlungsarbeit (u.a. gute Kombinationsgabe) gelöst.

Mir hat der erste Band gut gefallen, mir sagt es zu, wie Lucie Flebbe schreibt. Sehr gut gelungen fand ich die Vermischung von beruflichen Aufgaben und privatem Alltag. Wer nur Action erwartet, ist bei dieser Krimiserie fehl am Platz.

Ich bin schon sehr neugierig, wie es demnächst (wahrscheinlich im Mai 19) weitergeht. Die Charaktere fand ich ausgezeichnet dargestellt. Sie sind sehr realistisch gestaltet und dicht am Leben dran.

Ich vergebe für „Jenseits von Wut“ gern meine unbedingte Lese-/Kaufempfehlung!